1. Das strategische Debakel der Volkspartei

In der Tiroler Volkspartei dürfte so mancher Stratege heute eine schlaflose Nacht verbracht haben. Wie konnte man zu der offenkundig strategisch verheerenden Entscheidung kommen, Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky nach Innsbruck zu schicken? Tursky landete bei der Bürgermeister- wie auch der Gemeinderatswahl nur auf Platz 5, sogar hinter der SPÖ. Der ehemalige Vizebürgermeister Johannes Anzengruber, den man demontiert hatte, kam hingegen auf Platz zwei.

Hat die Tiroler ÖVP das Gespür für die Leute verloren? Ist man zu abgehoben? Entscheidet nur noch die Parteilogik in Personalfragen? Auch in Salzburg griff man bei der Gemeinderatswahl personell daneben – und verlor den Bürgermeister. Dass der Gegenwind aus dem Bund die Chancen nicht verbesserte, steht außer Zweifel.

2. Personen sind fast wichtiger als die Partei

Gemeinderatswahlen sind zunächst einmal Gemeinderatswahlen. Einmal mehr zeigt sich, dass es auf kommunaler Ebene auch stark um Persönlichkeiten geht: In Salzburg kamen die Kandidaten von SPÖ und KPÖ, Bernhard Auinger und Kay-Michael Dankl, in die Stichwahl, die Grünen waren in der Mozartstadt ohne Chance. In Innsbruck reüssierten der amtierende Grüne Bürgermeister Georg Willi und ÖVP-Rebell Johannes Anzengruber, SPÖ und KPÖ schnitten zwar gut ab, konnten im Kampf um die Entscheidung nicht mitmischen. 

3. Umfragen und Wahlen – oft zwei Paar Schuhe

Die wenigen Umfragen, die seit Dezember in Auftrag gegeben worden sind, sahen bisweilen die FPÖ auf Platz eins, zumindest ganz weit vorn. Daraus ist nichts geworden. Zur Verteidigung der Umfrageinstitute muss allerdings ergänzt werden, dass alle Meinungsforscher unisono in den letzten Tagen davor gewarnt hatte, die einzelnen Ergebnisse mangels Aussagekraft auf den Wahlsonntag umzulegen.

4. Auch für die FPÖ wachsen die Bäume nicht in den Himmel

Nach Salzburg blieb man ein weiteres Mal hinter den Erwartungen. Zumindest herrschte auch auf der gestrigen Wahlparty nur gedämpfte Freude. Lag es nur an den Kandidaten? Gehen EU- und Nationalratswahl doch nicht so gut aus wie prophezeit und erwartet? Wird 2024 doch nicht das Jahr der FPÖ? 

5. Die KPÖ hat derzeit einen Lauf

In Innsbruck profitierte man vom Dankl-Effekt und zog in den Gemeinderat ein. Auch die sehr linke Liste ALI schaffte den Sprung über die Vierprozenthürde. Nach Graz und Salzburg ist es die dritte Landeshauptstadt, wo man im Gemeinderat vertreten ist. Ob die KPÖ die Erfolgsserie bei der Nationalratswahl fortsetzen kann, bleibt offen. Spannend bleibt, ob die Renaissance der KPÖ bis zur Gemeinderatswahl im Herbst 2025 in Wien anhält.

6. Die Neos stecken in der Krise

Nach Salzburg sind die Pinken nun auch in Innsbruck aus dem Gemeinderat geflogen – bitter, dass man in urbanen, studentischen Zentren so schlecht abschneidet. Sollten die Neos auch bei der EU- und der Nationalratswahl auf der Stelle treten, ist eine Führungsdiskussion um Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger unvermeidlich.

7. SPÖ sollte keine falschen Schlüsse ziehen

Die SPÖ befindet sich nach Salzburg auch in Innsbruck in einer Aufwärtsspirale, in der Tiroler Landeshauptstadt allerdings auf niedrigem Niveau. Daraus Schlüsse für die Bundesebene abzuleiten, wäre wohl vermessen.