Klarer als erwartet hat Ungarns Regierungspartei Fidesz die dritten Wahlen in Folge gewonnen, und Ministerpräsident Viktor Orbán sein insgesamt viertes Mandat. Seine zweite Aussage in der Wahlnacht, nach den üblichen Danksagungen und Beteuerungen, Ungarn auch weiterhin als „christliche Kultur“ und „Land mutiger Menschen“ erhalten zu wollen, war diese: „Wir wollen eine starke und erfolgreiche EU.“

Mehrere Insider haben in den letzten Wochen signalisiert, dass Orbán mit der EU bessere Beziehungen anstreben will. Doch das wird wahrscheinlich warten müssen bis nach den Europawahlen 2019, welche die Kräfteverhältnisse im Europäischen Parlament verändern dürften.

Für Österreich aber auch für Deutschland, die wirtschaftlich starke Interessen in Ungarn haben, ist Orbáns Sieg immerhin ein Sieg der Stabilität, und Stabilität ist gut für Unternehmen. Ein Sieg der Opposition hätte ein zähes Koalitions-Durcheinander und, so sagten es die Oppositionsführer selbst, baldige Neuwahlen gebracht. Ungarn wäre unberechenbar geworden.

Eisiges Klima

Ob eine Besserung des eisigen politischen Klimas zwischen Berlin und Budapest möglich ist, wird sehr bald klar sein. Signale dafür werden in der Zusammensetzung der nächsten Orbán-Regierung zu suchen sein. Letztlich wird es aber auch davon abhängen, ob Deutschland überhaupt bereit ist, einen Schritt auf Orbán und breiter gefasst auf Ostmitteleuropa zuzugehen.Orbán scheint gewillt, dafür unter anderem seine Russland- und seine Amerika-Politik künftig stärker an Berlin auszurichten.

Der ungarische Regierungschef hat aus dieser Wahl mit Sicherheit zwei Lehren gezogen: Seine krude Kampagne gegen US-Milliardär George Soros, mit Anleihen bei Weltverschwörungstheorien und teilweise fremdenfeindlichen Anklängen (Migranten, Roma, Muslime) hat sich gelohnt. Er hat gewonnen, ohne ein einziges Wahlversprechen machen zu müssen, ohne ein Wahlprogramm. Man darf also eine Fortsetzung dieser Kampagne zumindest bei den Europawahlen nächstes Jahr erwarten.

Die zweite Lehre ist: Er hat Probleme mit der Jugend und in allem Budapest. Budapest ist nicht so wichtig, so lange er das Land hat – hier vermochte Fidesz erfolgreich seine Wähler zu mobilisieren, während in Budapest die linke Opposition erfolgreich war. Aber auf die Jugend kann auf Dauer keine Partei verzichten. Insidern zufolge wird die neue Regierung dieser Erkenntnis Rechnung tragen und bemüht sein, attraktiver zu werden für junge Menschen, etwa in der Zusammensetzung des neuen Kabinetts.

Für die Opposition beginnt nun, nachdem sie sich erstmals echte Hoffnungen auf einen zumindest relativen Erfolg gemacht hatte, eine Zeit der Introspektion. Es gibt ein Wählerpotential von 25 Prozent für Linke und Liberale, aber fünf Parteien müssen sich das teilen. Dazu kommt die grüne LMP, die sich mit ungefähr acht Prozent etwas verbessern konnte.Diese Parteien stehen nun vor der Existenzfrage: Wer ist denn nun das Gesicht der linken Opposition? Fünf Gesichter? Das kann nie funktionieren.

Orbán wird sich noch stärker als in den letzten Jahren als der Mann empfinden, den das Schicksal an Ungarns Spitze gestellt hat. Als historische Figur, um das Land in eine bessere, freiere, stärkere Zukunft zu führen. Es ist auch klar wo er diese Zukunft sieht: In einem engeren Zusammenschluss der mitteleuropäischen Länder, um von dieser Warte aus entscheidenden Einfluss zu nehmen auf die Zukunft Europas. Insbesondere mit Polen wird er mehr denn je den Schulterschluss suchen, und nach Berlin signalisieren: Hier sind wir, wir sind eure Freunde. Wir wollen nicht euer Geld wie die Südeuropäer. Versteht uns endlich.