Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont ist am Freitag unter Auflagen aus dem Gewahrsam in Schleswig-Holstein entlassen worden. Der 55-Jährige verließ am Mittag nach zehn Tagen die Justizvollzugsanstalt in Neumünster, vor der zahlreiche Journalisten auf ihn warteten.

Dass Puigdemont aus der Haft entlassen wurde, werten politische Beobachter als wichtigen Etappensieg für ihn. Es wird spekuliert, dass Spanien den Haftbefehl wie schon in Belgien aus Furcht vor einer Blamage aussetzen könnte.

Das OLG hatte nämlich den Vorwurf der spanischen Regierung im europäischen Haftbefehl verworfen, Puigdemont habe mit dem Unabhängigkeitsreferendum im Oktober 2018 Rebellion begangen und eine Auslieferung in diesem Punkt für "von vornherein unzulässig" erklärt. Zur Begründung hieß es, Puigdemonts Verhalten wäre nach hier geltendem Recht zum Hochverrat nicht strafbar, weil es am Merkmal der Gewalt fehle.

Im Haftbefehl wirft Spanien Puigdemont überdies Veruntreuung öffentlicher Gelder vor, weil er den Volksentscheid zur Unabhängigkeit Kataloniens trotz eines Verbots des spanischen Verfassungsgerichts abgehalten und laut Madrid mit rund 1,6 Millionen Euro aus der Staatskasse finanziert hatte. Diesen Vorwurf prüfen nun die Richter am OLG und wollen der spanischen Justiz die Gelegenheit geben, ihn zu belegen.

Wie diese Prüfung ausgeht und wie lange sie dauert, ist offen. Einerseits ignorierte Puigdemont mit dem Referendum die Entscheidung des spanischen Verfassungsgerichts und beging insoweit aus spanischer Sicht Rechtsbruch. Andererseits ist aus deutscher Sicht der Rebellionsvorwurf vom Tisch. Deshalb wiege die damit zusammenhängende Untreue nicht sehr schwer, argumentieren Juristen.

Falls das OLG einer Auslieferung nur wegen des Untreuevorwurfs zulässt, steht PuigdemontsGegner, der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy, vor einem Debakel: Wegen der Regularien zum Europäischen Haftbefehl könnte Puigdemont in seiner Heimat nur wegen Untreue angeklagt werden. Damit wäre dann nach einer Auslieferung auch in Spanien der gegen Puigdemont erhobene "unerhörte Vorwurf einer Rebellion aus der Welt", wie seine Anwälte erklärten.

Ob sich Madrid damit abfindet, ist offen. Verschiedene politische Beobachter gehen davon aus, dass Madrid den Europäischen Haftbefehl gegen Puigdemont nun ein zweites Mal aussetzen könnte. Nachdem der frühere katalanische Regionalpräsident im vergangenen Jahr ins Exil nach Brüssel geflüchtet war und dort ungehindert politisch agieren durfte, zog Spanien den zunächst beantragten Europäischen Haftbefehl im Dezember schon einmal zurück.

Allerdings besteht der nationale Haftbefehl in Spanien weiter. Da dem Katalanen dort bis zu 30 Jahre Haft wegen Rebellion drohen, wäre Puigdemont dann vorerst weiter zum Leben im Exil gezwungen.