Die EU-Staats- und Regierungschefs haben am Freitag ihren Gipfel mit Beratungen zur Reform der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion fortgesetzt. Ziel ist ein Zeitplan, um erste Entscheidungen bis Mitte kommenden Jahres vorzubereiten.

Außerdem hat die Europäische Union die zweite Phase der Brexit-Verhandlungen gestartet. Das gab EU-Ratspräsident Donald Tusk Freitagmittag via Twitter bekannt. Die 27 verbleibenden Länder stellten offiziell fest, dass es in den bisherigen Gesprächen ausreichenden Fortschritt gegeben habe.  Diese werde "wesentlich schwieriger als die erste", warnte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel. "Die Gespräche werden wahrscheinlich im März starten", sagte die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite dazu in Brüssel.

Die britische Premierministerin Theresa May hat sich nach dem Okay der EU-27 ausdrücklich bedankt. "Heute ist ein wichtiger Schritt (gesetzt worden) auf dem Weg zu einem glatten und geordneten Brexit und zur Gründung einer tiefen und besonderen künftigen Partnerschaft", schrieb May am Freitag auf Twitter.

Sie richtete ihren Dank an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk. Tusk hatte seinerseits den Beschluss des EU-Gipfels zum Start der zweiten Verhandlungsphase auf Twitter bekanntgegeben, mit dem Zusatz: "Glückwunsch Theresa May!"

Reform der Währungsunion

Bei der Reform der Währungsunion haben der französische Präsident Emmanuel Macron und Juncker bereits eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet. Sie reichen von einem europäischen Finanzminister bis zu einem Europäischen Währungsfonds. Umstritten sind Vorschläge über zusätzliche Finanzmittel für die Staaten der Eurozone, die in Deutschland vielfach als Einstieg in eine "Transferunion" gesehen werden.

Zentrale Austrittsfragen

Beim Brexit hatten sich London und Brüssel vor einer Woche bei zentralen Austrittsfragen geeinigt. Dabei ging es um die künftigen Rechte der EU-Bürger in Großbritannien, die Finanzforderungen an London und die Grenze zwischen Irland und Nordirland.

EU-Verhandlungsführer Michel Barnier sah dabei "ausreichende Fortschritte", um in Phase zwei zu den künftigen Beziehungen zu gehen. In ihr geht es dann um eine von London gewünschte Übergangsphase und ein Handelsabkommen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich nach dem ersten Gipfeltag positiv zum Einstieg in Phase zwei geäußert. Die britische Premierministerin Theresa May habe "gute Angebote gemacht", sagte sie in der Nacht zum Freitag. Dies lege es nahe, Phase zwei der Gespräche einzuleiten. Allerdings blieben "noch viele Aufgaben zu lösen, und die Zeit drängt".

Die EU-Kommission hatte in den Gesprächen mit der britischen Regierung zuletzt "ausreichenden Fortschritt" attestiert, um die zweite Verhandlungsphase über den Rahmen für die künftigen Beziehungen und eine mögliche Übergangsphase nach dem Brexit Ende März 2019 einzuleiten.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sieht die Brexit-Verhandlungen als "Marathon, bei dem wir erst die erste Meile" geschafft haben. Vor Beginn des zweiten EU-Gipfeltags in Brüssel sagte Kern am Freitagvormittag, jeder im Rat vertraue auf die Führungskraft von May. "Ich denke, die erste Phase ist abgeschlossen. Die Diskussion wird erst beginnen, wenn wir wirklich in der wichtigen schwierigen zweiten Phase sind."

In der Debatte um die Flüchtlingsquoten, die den ersten Gipfeltag stark geprägt hatten, warnte Kern seinen wahrscheinlichen Nachfolger ÖVP-Chef Sebastian Kurz vor einem Schwenk Österreichs in der Flüchtlingsfrage hin zur Haltung der Visegrad-Staaten. Die Verteilung von Flüchtlingen auf andere Länder wäre eine Entlastung für Österreich. Darauf zu verzichten "halte ich für einen großen Fehler", sagte Kern.

Außenminister Kurz hatte zuvor gegenüber der APA Unterstützung für EU-Ratspräsident Donald Tusk in der Flüchtlingsfrage bekundet. Er hatte auch die Kritik Kerns an Tusk zurückgewiesen. "Tusk hat recht, wenn er sagt, dass verpflichtende Flüchtlingsquoten in der EU nicht funktioniert haben. Ich werde daher dafür eintreten, dass diese falsche Flüchtlingspolitik geändert wird." Auch die Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei sprechen sich gegen verpflichtende Quoten aus.