Der bosnisch-serbische Ex-General Ratko Mladic ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Die Richter des UNO-Tribunals für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) sprachen ihn am Mittwoch in Den Haag unter anderem wegen Völkermordes in Srebrenica 1995 schuldig. Mladic ist laut dem Urteil für schlimmste Gräuel des Balkankrieges (1992 -1995) verantwortlich.

Mladic war Oberkommandant der bosnisch-serbischen Truppen, die im Juli 1995 in die UNO-Schutzzone Srebrenica eingedrungen waren und anschließend etwa 8.000 bosnisch-muslimische Buben und Männer ermordet hatten.

Die Richter in Den Haag sprachen Mladic in zehn der elf Anklagepunkte schuldig und folgten mit dem Strafmaß am Mittwoch dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidiger hatten auf Freispruch in allen Punkten oder höchstens 15 Jahre Haft plädiert.

Während der Urteilsverkündung war Mladic aus dem Gerichtssaal entfernt worden, nachdem er lautstark protestiert hatte. Die Verteidigung hatte zuvor erfolglos gefordert, die Urteilsverkündung abzukürzen, weil der Blutdruck des Angeklagten gefährlich hoch sei.

Mladic war erst 2011 nach 16 Jahren auf der Flucht verhaftet und dem UNO-Tribunal übergeben worden. Es ist das letzte Völkermord-Urteil des Gerichts, das nach 24 Jahren zum Jahresende seine Arbeit abschließt.

Nach der Einnahme der muslimischen UNO-Schutzzone Srebrenica seien zwischen dem 12. und 17. Juli 1995 in der Umgebung der ostbosnischen Kleinstadt "systematisch" mehrere tausend muslimische Männer ermordet worden, stellte das Haager Gericht fest. Zwischen 20.000 und 30.000 muslimische Frauen, Kinder und alte Menschen seien gleichzeitig auf das Gebiet unter dem Kommando der bosniakischen (muslimischen) Armee transportiert worden. Ziel war es, die muslimische Enklave "serbisch" zu machen.

Jubel nach der Urteilsverkündung
Jubel nach der Urteilsverkündung © APA/AFP/DIMITAR DILKOFF

UN-Chefankläger würdigt Überlebende

Der UN-Chefankläger für das ehemalige Jugoslawien hat die Überlebenden der Balkan-Kriege gewürdigt. Die "wahren" und "einzigen" Helden seien diejenigen Überlebenden, die vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien ausgesagt hätten, sagte Chefankläger Serge Brammertz.

Lebenslang gefordert

Im Vorfeld hatte sich der bosnisch-serbische Militärchef Ratko Mladic noch zuversichtlich gezeigt, nicht zu lebenslanger Haft verurteilt zu werden. Der 74-jährige Mladic wurde vor dem Gericht unter anderem wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Kriegs zwischen 1992 und 1995 angeklagt - und nun verurteilt. Die Staatsanwaltschaft fordertelebenslange Haft, die Verteidigung Freispruch.

Wofür sich Mladic verantworten muss:  Bosnisch-serbische Einheiten hatten im Juli 1995 die UN-Schutzzone in Srebrenica angegriffen und Schätzungen zufolge 8.000 muslimische Männer und Buben ermordet. Verantworten muss er sich auch für die 44-monatige Belagerung von Sarajevo ab Mai 1992, bei der nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen etwa 10.000 Menschen getötet wurden, die meisten von ihnen Zivilisten.

Brammertz bezeichnete das erwartete Urteil gegen Mladic als "eines der wichtigsten in der Geschichte des UN-Tribunals". Er sei der "Drahtzieher hinter der Ermordung Tausender Menschen" gewesen. Gemeinsam mit dem bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic sei er einer der "Architekten der Politik der ethnischen Säuberungen" gewesen.

Mut der Betroffenenen

Der Mut der Betroffenen bei der Suche nach Gerechtigkeit und ihr Bestehen darauf, Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen, hätten ihn und sein Team in ihrer Arbeit bestärkt und angespornt, sagte Brammertz. "Denn sie erinnern uns immer wieder aufs Neue daran, warum dieses Tribunal gegründet wurde."

Karadzic wurde vom UN-Tribunal im März 2016 wegen Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu 40 Jahren Haft verurteilt. Er legte Berufung gegen das Urteil ein, an dem Brammertz, der mehr als eine Million Seiten Beweismaterialien zusammentrug, maßgeblich beteiligt war.

Für den 55-jährigen Belgier wäre es "für immer eines der schwärzesten Kapitel in der Geschichte des Tribunals" gewesen, wenn Karadzic und Mladic nicht zur Verantwortung gezogen worden wären. Das 1993 gegründete UN-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien stellt Ende des Jahres seine Arbeit ein.