Künftiger Außenminister solle jemand sein, "der Vertrauen hat beziehungsweise Vertrauen schaffen kann", sagte Ferrero-Waldner im APA-Interview. Schließlich gehe es um eine Koalition, "die nicht so selbstverständlich ist in Europa".

"Du kannst nur gestalten, wenn Du Vertrauen hast oder aufbaust", betonte Ferrero-Waldner. Dies wisse sie "aus meiner eigenen Erfahrung", sagte sie in Anspielung auf die Sanktionen der damals 14 EU-Partner gegen die schwarz-blaue Regierung im Jahr 2000. "Weil es Vertrauen braucht, um gute Außenpolitik zu machen, wäre ich dafür, dass dieses Amt eine ÖVP-Persönlichkeit hat."

Es geht um "Außenwahrnehmung"

"Geeignet oder nicht, das ist überhaupt nicht die Frage", sagte Ferrero-Waldner auf eine Frage zum als Ministeranwärter kolportierten FPÖ-Vizechef Norbert Hofer. Sie spreche keinem potenziellen FPÖ-Kandidaten die Eignung für den Posten ab. Es gehe aber um "Außenwahrnehmung" und "Vertrauensbildung", betonte die Ex-Außenministerin auch unter Verweis auf die österreichische EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Jahr, bei der der Außenminister "enorm gefordert" sei.

Ferrero-Waldner bekräftigte ihre frühzeitig geäußerte Forderung, wonach die ÖVP das Außenministerium behalten solle und nicht der FPÖ überlassen dürfe. Ähnlich äußerte sich auch der frühere Außen-Staatssekretär Hans Winkler (ÖVP), der angesichts der umstrittenen Krim-Reise von zwei FPÖ-Politikern ebenfalls dafür plädiert hatte. Winkler warnte vor großem Schaden für Österreich und einer Isolation innerhalb der EU.

Österreich habe "Brückenfunktion" zum Osten

Der FPÖ-Idee eines Beitritts zur Visegrad-Gruppe kann Ferrero-Waldner nichts abgewinnen. "Ich würde Österreich nicht raten, in den Kreis der Visegrad-Staaten zu gehen. Jetzt ist es meiner Ansicht nach zu spät", sagte die ÖVP-Politikerin, die sich schon als Außenministerin um den Aufbau einer Regionalen Partnerschaft mit den Visegrad-Staaten und Slowenien bemüht habe. "Wir waren damals wirklich allein", sagte sie. Der Versuch, Allianzen zu bilden, sei aber am Widerstand Tschechiens und Polens und Vorbehalten innerhalb Österreichs gescheitert. Damals hätte Österreich Erfahrungen mit den EU-Kandidaten teilen können, was nun nicht mehr gehe. Heute könnte Österreich vielmehr eine "Brückenfunktion" zu den mittelosteuropäischen Staaten haben, weil es "mehr Sensibilität" für diese habe und etwa Lösungen in der Migrationsfrage ermöglichen könnte.

"Sehr positiv" sieht Ferrero-Waldner die Ideen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Reform der Europäischen Union. Die EU müsse stärker werden, wenn sie in einer "multipolaren Welt" eine Rolle spielen wolle. Durch den Abgang Großbritanniens gebe es nun auch die Chance, Reformen in Richtung Sozialunion sowie Sicherheits-und Verteidigungsunion zu machen. Viel hänge aber davon ab, in wie weit sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel innerhalb der geplanten Jamaika-Koalition bewegen könne. "Ich hoffe, dass, wenn jemand vorangeht, Österreich dabei mitgeht", betonte Ferrero-Waldner, nötigenfalls auch in einem Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten.

Eindeutig auf Seiten der spanischen Regierung steht die in Madrid lebende Ex-Ministerin im Katalonien-Konflikt. Ihre Position sei "die Position Spaniens und eines Landes, das ein absoluter Rechtsstaat, eine Demokratie und Marktwirtschaft ist". Die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens, das "eine der stärksten Autonomien in Europa" habe, seien "eine Farce". Ferrero-Waldner übte zugleich leise Kritik am konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, der im Konflikt "zu lange gewartet" habe. Madrid hätte schon früher eingreifen müssen. Es sei aber gut, dass es am 21. Dezember Wahlen gebe. "Da wird sich zeigen, wie die echten Verhältnisse sind." Nach der Wahl könnte es dann Zugeständnisse geben, doch viel könne Madrid den Katalanen nicht mehr anbieten, "weil sie alles haben mit Ausnahme der Steuerhoheit".

Ferrero-Waldner hält sich derzeit in Wien auf, um ihr im Böhlau-Verlag erschienenes Buch "Benita - Wo ein Wille, da ein Weg" zu promoten. Darin zieht die langjährige Spitzendiplomatin gemeinsam mit dem Journalisten Ewald König Bilanz über ihre Tätigkeit und gewährt insbesondere Einblicke hinter die Kulissen der Außenpolitik, die "nicht nur auf Wahrung von Interessen, sondern oft auf persönlicher Chemie beruht".