Da waren es schon sechs: Bundespräsident Alexander Van der Bellen setzt heute seine Antrittstour durch Österreichs Nachbarstaaten fort – und dieser Besuch wird wohl nicht der einfachste sein: Nach der Schweiz, Deutschland, der Slowakei, Italien und Slowenien wird Van der Bellen heute in Budapest zunächst mit seinem ungarischen Amtskollegen János Áder zusammentreffen, mit dem auch ein Statement vor der Presse geplant ist. Am frühen Nachmittag wird Van der Bellen den ungarischen Premierminister Viktor Orbán zu einem Arbeitsgespräch treffen.
Die Beziehungen waren in den vergangenen Jahren wechselhaft bis schwierig und durch zahlreiche Themen, allen voran durch die Flüchtlingskrise belastet. Orbán, der als Hardliner gilt, beharrt auf dem Standpunkt, „Ungarn braucht keinen einzigen Migranten“, und scheute wiederholt weder den Konflikt mit den Nachbarn noch mit Brüssel. Von dort erwartet ihn in diesen Tagen Insidern zufolge ein Brief, in dem die EU-Kommission Ungarn wegen seiner Weigerung zur Aufnahme von Flüchtlingen ein Vertragsverletzungsverfahren ankündigt.

Schlagabtausch

Vor zwei Jahren, als Ungarn an seiner südlichen Grenze einen 170 Kilometer langen Zaun errichtete, um Flüchtlinge fernzuhalten, kam es zum offenen Schlagabtausch zwischen Orbán und dem damaligen Bundeskanzler Werner Faymann, der zu diesem Zeitpunkt mit Angela Merkel und deren Devise „Wir schaffen das“ auf einer Linie lag. Obwohl Faymann später zurückruderte, blieben die Beziehungen eisig.
Vor einem Jahr reiste sein Nachfolger Christian Kern nach Budapest, um wieder eine Gesprächsbasis aufzubauen. „Wir haben ein neues Kapitel aufgeschlagen“, sagte der Kanzler damals.
Mit Spannung wird nun erwartet, wie sich Van der Bellen, der als glühender Europäer gilt, in Budapest zum politischen Kurs Orbáns positionieren wird. Bei seinem Besuch in Slowenien vor drei Wochen hatte er erklärt, kein Freund von Zäunen zu sein, zugleich aber betont, jedes Land habe ein legitimes Interesse und Recht zu sehen, wer ins Land kommt, ob Tourist, Asylbewerber oder Arbeitssuchender. Vor Beginn der Gespräche bemühte man sich vonseiten der Präsidentschaftskanzlei, die Gemeinsamkeiten zu betonen, etwa in der Klimapolitik. Die Reise diene dem Kennenlernen.

Van der Bellen trifft auch Universitätsvertreter am Rande des Besuchs in Budapest, hieß es aus seinem Umfeld. Die EU-Kommission hatte im April ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn wegen dieses Gesetzes eingeleitet. Am Nachmittag besucht der Bundespräsident das Wirtschaftsforum in Budapest. Thema dürfte unter anderem die Stabilität der Rechtslage für ausländische Investoren sein, hieß es.