Die Affäre rund um die rechtsextremen Umtriebe in der Bundeswehr weitet sich offenbar aus: Nach Informationen des "Spiegel" fanden Ermittler nun auch in einer Kaserne in Donaueschingen einen mit Wehrmachts-Andenken ausgeschmückten Raum.

Interne Ermittler der Bundeswehr haben nach einem Bericht von Spiegel Online in der Fürstenberg-Kaserne in Donaueschingen einen Besprechungsraum entdeckt, der mit Wehrmachts-Devotionalien dekoriert ist.

CSU-Chef Horst Seehofer hat die Bundeswehr in der Affäre um den rechtsextremen Offizier Franco A. gegen Pauschalkritik in Schutz genommen und damit indirekt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) attackiert. "Wir sprechen unserer Bundeswehr der Bundesrepublik Deutschland unser Vertrauen aus. Wir stellen die Bundeswehr nicht an den Pranger", sagte Seehofer am Samstag.

"Da gibt es ein paar Verrückte, die muss man rechtzeitig aus dem Verkehr ziehen", sagte auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der die CSU als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf führt. Schwarze Schafe gebe es in der Bundeswehr wie überall. "Aber die ganz, ganz große Mehrheit macht einen ganz super Dienst."

Von der Leyen im Schussfeld

Von der Leyen hatte sich zuvor für ihre umstrittene Pauschalkritik an der Truppe entschuldigt. Die CDU-Politikerin steht unter Druck, weil sie der Armee nach der Festnahme des Oberleutnants allgemein ein Haltungsproblem und Führungsschwäche bescheinigt hatte. Grüne und SPD haben für Mittwoch eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses beantragt, bei der sie die Ministerin befragen wollen.

Franco A. ist vergangene Woche festgenommen worden und wird verdächtigt, einen Anschlag geplant zu haben.

In der Kaserne des rechtsextremen Bundeswehroffiziers Franco A. im französischen Illkirch hat es indes nach Informationen der "Bild"-Zeitung bereits 2012 einen Skandal mit Nazi-Symbolen gegeben. Entsprechende Informationen habe das deutsche Verteidigungsministerium auf Anfrage bestätigt, berichtet das Blatt (Samstag).

Nazi-Aktion schon 2012

Danach hätten Bundeswehrsoldaten in der Nacht des 7. November 2012 ein vier Meter großes Hakenkreuz auf den Boden der Kaserne der Deutsch-Französischen Brigade gestreut.

Anlass dafür sei offenbar ein Champions League-Spiel zwischen Bayern München und dem französischen Fußballklub Lille gewesen, meldet die Zeitung unter Berufung auf einen Augenzeugen. Das Hakenkreuz sei vor einem Unteroffiziersheim des deutschen Jägerbataillons ausgestreut worden. Anschließend hätten einige Soldaten aus den oberen Stockwerken das Nazi-Symbol mit Handys fotografiert. Der Fall sei aber unverzüglich den direkten Vorgesetzten sowie dem Verteidigungsministerium und dem Militärischen Abschirmdienst gemeldet worden.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums seien damals 20 Soldaten vernommen, drei von ihnen mit Geldstrafen (2.000 Euro) belegt und aus der Bundeswehr entlassen worden, heißt es in dem Bericht. Der zuletzt in Illkirch stationierte rechtsextreme Offizier Franco A. sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Die Ermittler prüfen, ob er Terroranschläge geplant hatte.

Folge von "verkorkster Bundeswehrreform"

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht die Union in der Verantwortung für die aktuellen Probleme bei der Bundeswehr. Diese seien das Ergebnis einer längeren Fehlentwicklung, die mit der "verkorksten Bundeswehrreform" des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) begonnen habe, sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag). Damals sei versucht worden, die Bundeswehr zum "Sparschwein" des Bundeshaushaltes zu machen.

Gabriel vertrat die Ansicht, angesichts der jüngsten Affären scheine es angebracht, auch die Instrumente der Inneren Führung der Bundeswehr neu auszurichten. Diese seien offenbar noch sehr an einer Wehrpflichtarmee orientiert, bei der die Transparenz weitaus größer gewesen sei als in Streitkräften mit ausschließlich Berufs- und Zeitsoldaten. "Geheimstrukturen" wie im Fall des rechtsextremen, terrorverdächtigen Offiziers Franco A. wären bei der Wehrpflichtigenarmee vermutlich viel früher aufgeflogen, meinte Gabriel.

"Wehrpflicht schützt vor Umtrieben"

Beim österreichischen Bundesheer sieht man genau darin den Schutzschild gegenüber rechtsextremen Umtrieben: Die Wehrpflicht von sechs Monaten sei eine "Probezeit", nach der man jeden, der sich für eine Verlängerung interessiere, kenne.

Der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD) hat die Bundeswehr als Konsequenz aus dem Fall Franco A. zu einem engagierten Kampf gegen rechtsextreme Tendenzen aufgefordert. "Die Bundeswehr hat eine ganz besondere Verantwortung, gegen Rechtsextremismus vorzugehen", sagte Maas der "Rheinischen Post" vom Samstag.

Wehrmacht-Glorifizierung "im Keim ersticken"

"Wenn solche Dinge öffentlich werden, müssen die Verantwortlichen mit aller Schärfe darauf reagieren." Wer die Wehrmacht glorifiziere, habe in der Bundeswehr nichts zu suchen, sagte der SPD-Politiker. "Im Interesse der Bundeswehr muss das im Keim erstickt und konsequent geahndet werden."

Franco A. hatte sich monatelang als syrischer Flüchtling ausgegeben und plante möglicherweise einen Anschlag. Der Bundeswehr lagen schon seit 2014 Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung des Offiziers vor, ohne dass Konsequenzen folgten.

Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte am Freitagabend in den ARD-"Tagesthemen" gesagt, es werde noch ermittelt, ob in der Bundeswehr rechtsextreme Netzwerke existierten. Die Ministerin rechnet mit weiteren Enthüllungen. Sie gehe davon aus, "dass das, was wir bisher wissen, nicht alles ist, sondern, dass sich dort noch mehr zeigen wird".