Die Politik in Europa reagiert gespalten auf den Ausgang des Referendums in der Türkei. Die Türkei bewege sich wieder einen Schritt weg von Europa.

Othmar Karas (ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament): "Eine dunkle Stunde für alle Demokraten. Hier wird Demokratie zur Einschränkung der Demokratie missbraucht. Die Türkei ist gespalten." Das Parlament werde geschwächt. "Der Präsident bekommt Super-Power über Minister, Verfassungsgericht und Gesetze."  Die Europäische Kommission müsse nun prüfen, ob die Türkei die Kopenhagener Kriterien überhaupt noch erfülle. Auch der Europarat müsse die Ständige Monitoring Gruppe wiedereinsetzen. "Wir brauchen eine genaue und ständige Überprüfung der Umsetzung des Referendums in der Türkei in den nächsten Monaten. Die Türkei bewegt sich wieder einen Schritt von Europa weg".

Sebastian Kurz (Außenminister, ÖVP): Der Ausgang des Referendums zeige " wie gespalten das Land" sei. "Die Zusammenarbeit mit der EU wird noch komplexer werden."

Peter Pilz (Grüner Nationalratsabgeordneter): "Opposition einsperren; Auslandstürken bespitzeln; Wähler täuschen; Medien gleichschalten; und jetzt noch Abstimmung fälschen? Für Erdogan."

Eva Glawischnig (Grünen-Chefin): "Der mutwillige Versuch des türkischen Präsidenten Erdogan, alle Macht an sich zu reißen und das repräsentativ-demokratische System weiter einzuschränken, ist bedauerlicherweise - ganz knapp und mit einigen Unregelmäßigkeiten am Wahltag - gelungen." 

Sigmar Gabriel (Deutscher Außenminister, SPD): Gabriel zeigte sich unterdessen erleichtert gezeigt, dass der "erbittert geführte Wahlkampf" um das Verfassungsreferendum in der Türkei vorbei ist. "Wie auch immer das Votum des türkischen Volkes am Ende ausfallen wird: Wir sind gut beraten, jetzt kühlen Kopf zu bewahren und besonnen vorzugehen."

Martin Schulz (SPD-Chef, Kanzlerkandidat): "Der knappe Ausgang des Referendums zeigt: Erdogan ist nicht die Türkei. Einsatz für Demokratie und Menschenrechte muss weitergehen." 

Cem Özdemir (Chef der deutschen Grünen): Özdemir sprach sich für eine Neubewertung der deutsch-türkischen Beziehungen aus. "Ein "Weiter so kann es jedenfalls nicht geben. Mit Erdogan wird es keine Mitgliedschaft in der Europäischen Union geben." Özdemir forderte auch Konsequenzen für die militärische Zusammenarbeit mit der Türkei. "Ich sehe nicht, wie wir einem solchen Land, das innenpolitisch wie außenpolitisch unberechenbar ist, Rüstungsgüter liefern können." Er fordert einen sofortigen Abzug aller Bundeswehrsoldaten aus der Türkei.

Sarah Wagenknecht (Fraktionschefin der Linken): Wagenknecht fordert einen radikalen Kurswechsel in der deutschen Türkei-Politik,  einen sofortigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, den Abzug der in der Türkei stationierten Bundeswehrsoldaten und den Stopp aller Waffenlieferungen in die Türkei. Zudem dürfe die Zollunion zwischen der Europäischen Union und der Türkei nicht erweitert werden. Statt eines "Merkel-Erdogan-Pakts" müsse es nun ein Bündnis Deutschlands mit den Demokraten in der Türkei geben. "Die Bundesregierung ist gefordert klarzumachen, auf wessen Seite sie steht: Auf der Seite der Demokratie oder auf der Seite der Diktatur Erdogans."

Peter Altmaier (Kanzleramtschef, CDU): Die Bundesregierung werde das "in einer freien und demokratischen Wahl" zustande gekommene Ergebnis akzeptieren, sagte Altmaier am Sonntagabend in der ARD. Ob die Wahl fair verlaufen sei, würden unter anderem die Berichte der Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und des Europarats zeigen. Altmaier wies darauf hin, dass noch kein amtliches Endergebnis vorliege. "Ich glaube, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt mit Schlussfolgerungen und Festlegungen vorsichtig sein müssen."

Thorbjörn Jagland (Generalsekretär des Europarats): Die Türkei sei aufgerufen, die Unabhängigkeit der Justiz und die Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Dies sei in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert und sei daher von "allergrößter Bedeutung". Der Norweger rief zugleich die Befürworter und Gegner der Verfassungsreform auf, zusammenzuarbeiten und ihre "gegenwärtigen Spaltungen" zu überwinden.

Federica Mogherini (EU-Außenbeauftragte), Johannes Hahn (EU-Nachbarschaftskommissar) und Jean-Claude Juncker (EU-Kommissionspräsident): Man warte noch auf die Bewertung der internationalen Wahlbeobachter, "auch mit Blick auf angebliche Unregelmäßigkeiten". Die Verfassungsänderungen "und insbesondere ihre praktische Umsetzung" sollten im Lichte der Verpflichtungen der Türkei als EU-Beitrittskandidat und als Mitglied des Europarats begutachtet werden.