Die USA haben in der Nacht auf Freitag den Luftwaffenstützpunkt Al-Shayrat in Syrien fast komplett zerstört. Laut einem Bericht der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana sind neun Zivilisten getötet worden. Unter ihnen seien vier Kinder, meldete die Agentur am Freitag. Sieben weitere Menschen seien verletzt worden. Fest stehen auch folgende Fakten: 59 Präzisionsraketen sind auf die Luftwaffenbasis abgefeuert worden, dies teilte die US-Regierung mit. US-Präsident Donald Trump begründete den Einsatz mit dem syrischen Giftgasangriff vom Dienstag. Er rief die Weltgemeinschaft auf, "das Schlachten und das Blutbad" in Syrien zu beenden.

"Dumm und unverantwortlich"

Die Führung in Damaskus hat den US-Angriff als "dumm und unverantwortlich" verurteilt. Das Verhalten der Vereinigten Staaten offenbare nur deren "Kurzsichtigkeit und politische und militärische Blindheit für die Realität", erklärte das Büro von Machthaber Bashar al-Assad am Freitag. Im syrischen Staatsfernsehen war der Angriff des US-Militärs bereits als "Akt der Aggression" verurteilt worden. Die USA hatten als Vergeltung für einen mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien in der Nacht auf Freitag die Al-Shayrat-Basis attackiert. Bei dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff vom Dienstag auf Khan Sheikhoun im Nordwesten Syriens wurden nach Angaben von Aktivisten mindestens 86 Zivilisten getötet, darunter viele Kinder.

Vorerst keine Pläne für weitere Schläge

Die Zerstörung der Luftwaffenbasis soll aber offenbar nicht der Auftakt für eine große Militärintervention der USA in Syrien sein. Es habe sich um ein "einmaliges" ("one-off") Ereignis gehandelt, sagte ein Pentagon-Vertreter am späten Donnerstagabend (Ortszeit) in Washington. Der Angriff lasse nicht auf eine größere Änderung in der politischen Prioritätensetzung von US-Präsident Trump schließen, sagte der Regierungsbeamte. Es gebe keine Pläne für eine weitere Eskalation der Feindseligkeiten. Russland sowie die Nato-Partner des USA wurden vorab über den Luftschlag informiert.

Von dem Stützpunkt sei der Giftgasangriff vom Dienstag ausgeführt worden, sagte Trump in einem Pressestatement in seinem Privatdomizil Mar-a-Lago. Der syrische Präsident Bashar al-Assad habe "tödliches Nervengas" gegen wehrlose Zivilisten eingesetzt. Es sei ein "lebenswichtiges nationales Sicherheitsinteresse" der USA, die Verbreitung und Anwendung von Chemiewaffen zu verhindern, betonte er. "Heute Abend rufe ich alle zivilisierten Nationen auf, eine Beendigung des Schlachtens und Blutbads in Syrien anzustreben."

59 Marschflugkörper

Ein Vertreter der Washingtoner Regierung sagte, der US-Angriff sei am Freitag in den frühen Morgenstunden in Syrien erfolgt. Im Visier seien Flugzeuge, Start- und Landebahnen sowie Treibstofflager gewesen, teilte das Pentagon mit. Es seien insgesamt 59 Marschflugkörper von Kriegsschiffen im östlichen Mittelmeer abgefeuert worden. Es habe sich um die Schiffe "USS Porter" und "USS Ross" gehandelt.

US-Raketenangriff auf Luftwaffenbasis
US-Raketenangriff auf Luftwaffenbasis © (c) APA

Das syrische Staatsfernsehen bestätigte die Angriffe und sprach von "Aggression". Es habe dabei Verluste gegeben. "Die syrische Führung und die syrische Politik werden sich nicht verändern", sagte der Gouverneur von Homs, Talal Barazi, im Staatsfernsehen. Die US-Angriffe würden nur den "Terroristen" nützen. Dagegen begrüßte das Oppositionsbündnisses Syrische Nationale Koalition die Angriffe als "sehr wichtige Reaktion". "Dies sollte der Anfang davon sein, dem (syrischen) Regime zu sagen, dass es nicht ungestraft bleiben kann", sagte Ahmed Ramadan am Freitag in Istanbul.

Assad hat jede Verantwortung für den Giftgasangriff zurückgewiesen. "Ich betone, dass wir diese Art von Waffen nicht eingesetzt haben und nicht einsetzen werden, weder gegen Zivilisten noch gegen Terroristen", sagte Assads Außenminister Walid al-Muallim am Donnerstag. US-Geheimdienste vermuten, dass Assad einige Chemiewaffen zurückbehalten hat, die er nach einem Abkommen aus dem Jahr 2013 eigentlich hätte aushändigen müssen.

Russland warnte vor "negativen Konsequenzen"

Bei den Vereinten Nationen hatte Russland zuvor vor "negativen Konsequenzen" gewarnt, sollten die USA militärisch in den Konflikt eingreifen. "Schaut in den Irak, schaut nach Libyen", sagte der russische UNO-Botschafter Wladimir Safronkow mit Blick auf vergangene westliche Militärinterventionen. Russland hat Bodentruppen in Syrien und greift Rebellen auch aus der Luft an.

Dem Pentagon zufolge wurden auf der Luftwaffenbasis auch russische Soldaten vermutet. Es habe daher im Vorfeld des Angriffs "zahlreiche" Kontakte mit Moskau gegeben, sagte Pentagon-Sprecher Jeff Davis. Jene Bereiche der Basis seien ausgespart worden, in denen sich vermutlich russische Soldaten aufhielten. US-Regierungsangaben zufolge hat Washington mehrere Staaten im Vorfeld von dem Angriff informiert.

Trump hatte bereits am Donnerstag gesagt, dass etwas geschehen müsse. US-Außenminister Rex Tillerson sprach sich für eine Absetzung von Assad aus und kündigte an, eine Allianz schmieden zu wollen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bot den USA einem Zeitungsbericht zufolge die Hilfe der Türkei an. "Sollten die USA handeln, sind wir bereit, unseren Teil beizutragen", zitiert "Hürriyet" Erdogan.

UN-Sicherheitsrat wegen Vetodrohung blockiert

Der UNO-Sicherheitsrat blieb indes wegen einer russischen Vetodrohung weiter blockiert. Kurz vor Bekanntwerden der US-Angriffe vertagte sich das höchste UNO-Gremium zum zweiten Mal infolge ergebnislos. Es kam erneut zu keiner Abstimmung über einen von den USA, Frankreich und Großbritannien eingebrachten Resolutionsentwurf zur Verurteilung des syrischen Giftgasangriffs. Stattdessen kursierten auf einmal zwei Gegenentwürfe von Russland einerseits, sowie den zehn nicht-ständigen Ratsmitgliedern andererseits.

Bei dem mutmaßlichen Giftgasangriff waren am Dienstag in der nordsyrischen Stadt Khan Sheihoun nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 86 Zivilisten getötet worden. Nach US-Angaben vom Donnerstag wurde ein Sarin-ähnliches Nervengas benutzt.

Tote bei Anschlag

Bei dem Angriff sind nach Angaben des Gouverneurs von Homs Menschen getötet worden. "Es gibt Märtyrer, aber wir haben noch keine Bilanz der Märtyrer und Verletzten", sagte Talal Barasi am Freitag. Er hoffe, dass die Zahl der Todesopfer nicht hoch sei, aber es sei materieller Schaden entstanden.