US-Präsident Donald Trump hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag im Weißen Haus empfangen. Es ist das erste Zusammentreffen des neuen US-Präsidenten mit der Kanzlerin. Trump holte Merkel bei strahlendem Sonnenschein vor der Tür ab, nach einem kurzen Händedruck zogen sich die beiden Regierungschefs zu einem Gespräch unter vier Augen zurück. Zuvor trug sich die Kanzlerin im Oval Office noch im Gästebuch ein.

Im Vorfeld war viel darüber spekuliert worden, wie die beiden Spitzenpolitiker, die einander schon einiges Unfreundliches ausgerichtet hatten, einander persönlich begegnen würden. Kein Kuss auf die Wange, kein Tätscheln, was bei früheren Begegnungen für Spott bei den Beobachtern gesorgt hatte, man ging kaum auf Tuchfühlung. Einzig beim Hineingehen ins Weiße Haus legte der Präsident der Kanzlerin die Hand auf den Rücken.

Kalte Schulter oder warmherziger Empfang?

Als er im Oval Office nicht auf die Aufforderungen der Kameraleute reagierte, dem Gast doch die Hand zu schütteln, interpretierten Beobachter, er habe ihr die kalte Schulter gezeigt. Vielleicht war es aber nur die angewiderte Reaktion auf die Presse, die ihn den ganzen Tag über in Sachen Abhöraffäre bedrängt hatte (siehe unten). Oder er hat den Zuruf schlicht nicht gehört. Merkel fühlte sich jedenfalls "freundschaftlich und warmherzig empfangen".

Insgesamt wirkte der US-Präsident sehr ernst, Angela Merkel im Vergleich dazu fast locker. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz hat Trump seine harte Linie in Fragen der Einwanderung unterstrichen. "Immigration ist ein Privileg, nicht ein Recht", sagte er. Die Sicherheit der Vereinigten Staaten müsse immer Vorrang haben. Er betonte aber auch, dass sich die USA an internationale Abkommen weiterhin gebunden fühlten. Merkel verzog keine Miene.

Bekenntnis zur NATO und zum Frieden in der Ukraine

Darüber hinaus hat Trump der deutschen Kanzlerin Angela Merkel seiner Solidarität für die NATO versichert, pocht aber auf eine faire Lastenteilung. Viele Länder schuldeten dem Verteidigungsbündnis erhebliche Beträge, sagte Trump in der Pressekonferenz. Das müsse sich rasch ändern. "Ich bin ein starker Befürworter der NATO", betonte Trump.

Trump dankte Merkel für Deutschlands Beitrag im Kampf gegen den Terrorismus, insbesondere gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. Er würdigte zugleich Merkels Ankündigung, das deutsche Verteidigungsbudget zu erhöhen sowie die Führungsrolle Deutschlands bei den Bemühungen zur Beilegung der Ukraine-Krise.

Merkel sagte, sie sei "dankbar für die Bestätigung der sehr wichtigen Rolle der NATO" durch Trump. Die Kanzlerin versicherte dem US-Präsidenten zudem, dass die Bundesregierung weiterhin "in die Richtung" arbeiten wolle, die deutschen Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen.

Deutschland und die USA wollen sich nach Angaben von Kanzlerin Angela Merkel gemeinsam für die Umsetzung des stockenden Minsk-Prozesses für einen Frieden in der Ukraine einsetzen. Sie sei erfreut, dass sich US-Präsident Donald Trump zum Minsk-Prozess bekannt habe.

Merkel sagte auch eine Fortsetzung des Engagements der Bundeswehr in Afghanistan und im Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat zu. "Wir werden hier Hand in Hand zusammenarbeiten", sagte Merkel zu Afghanistan. Dort nehmen knapp 1000 Bundeswehrsoldaten an einer NATO-Ausbildungsmission teil.

Und sie versprach  eine Fortsetzung des Einsatzes im Anti-IS-Kampf. Deutschland beteiligt sich mit "Tornado"-Aufklärungsjets und Tankflugzeugen an den Luftangriffen gegen den IS in Syrien und im Irak. Zudem bildet die Bundeswehr vor allem kurdische Soldaten im Nordirak für den Kampf gegen den IS aus und liefert ihnen Waffen.

"Haben etwas gemeinsam"

Die US-Medien waren zuvor mit den jüngsten Abhör-Vorwürfen des Weißen Hauses beschäftigt: Trumps Sprecher Sean Spicer führte einen Medienbericht als Beweis dafür an, dass Trump-Vorgänger Barack Obama offenbar den britischen Geheimdienst  bemüht habe, um bei der Überwachung von Trump "keine amerikanischen Fingerabdrücke zu hinterlassen". Die britische Regierung und der Geheimdienst wiesen die Vorwürfe empört zurück.

Trump erklärte bei der Pressekonferenz, der Sender Fox habe darüber berichtet. Man möge sich dort erkundigen. Witzige Bemerkung zu Merkel in Sachen abgehört werden: "Wenigstens das haben wir gemeinsam." 2013 war bekanntgeworden, dass die USA das Mobiltelefon von Merkel ausspioniert hatten. 

Winter verzögerte Treffen

Ursprünglich wollte Merkel bereits zu Wochenbeginn nach Washington reisen, wegen eines Wintereinbruchs an der US-Ostküste musste der Besuch jedoch verschoben werden. Merkel wird von den Vorstandschefs der Unternehmen Siemens, BMW und Schaeffler begleitet.

Die deutsche Kanzlerin reiste mit dem Appell für freien Handel und gegen wirtschaftliche Abschottung in die US-Hauptstadt. Trump pocht auf "Amerika zuerst". Merkel sagte: "Die Vereinigten Staaten von Amerika sind ein zentraler Handelspartner für die Bundesrepublik Deutschland, aber auch für die ganze Europäische Union (...) Dieser Handel ist für beide Seiten von Vorteil."

Bei der Pressekonferenz hielten sich Merkel und Trump vorerst bedeckt und bekundeten Verständnis für die jeweils andere Seite.