Außenminister Sebastian Kurz hat am Mittwoch am Sitz der Vereinten Nationen in New York gegenüber dem neuen Generalsekretär Antonio Guterres für den UNO-Standort Wien geworben. Als aktueller OSZE-Vorsitzender hielt er zudem ein Briefing vor dem Weltsicherheitsrat ab, in dem er die Notwendigkeit internationaler Kooperation einforderte.
"Wir profitieren massiv vom Amtssitz Wien", hielt Kurz fest, sowohl politisch als auch über die Umwegrentabilität. Der UNO-Standort bringe Wien rund 500 Millionen Euro im Jahr und kreiere 10.000 Jobs, erklärte Kurz. Laut Diplomatenkreisen klettern die Schätzungen sogar bis auf 750 Millionen. Der frühere Generalsekretär Ban Ki-moon sei dem UN-Office in Wien sehr gewogen gewesen. Ban hatte auch als südkoreanischer Botschafter einige Jahre in der Bundeshauptstadt gelebt.
In Wien haben mehrere wichtige UNO-Organisationen ihren Sitz, unter anderen die Internationale Atomenergieagentur IAEA (IAEO), die Organisation für Industrielle Entwicklung (UNIDO), das Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), das Büro für Weltraumfragen (UNOOSA) oder die Internationale Organisation für Migration (IOM).
Beim Treffen mit dem früheren sozialistischen Ministerpräsidenten Portugals stand auch das Thema Migration und Flüchtlinge auf dem Programm. Portugal sei von der Krise zwar nicht direkt betroffen, Guterres habe als ehemaliger Chef des UNO-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR aber einen "weltweiten Blick". Daher wollte Kurz dem 67-jährigen Generalsekretär auch die Herausforderungen der "Zielländer" näherbringen.
Bereits auf dem Flug nach New York hatte Kurz seine klare Position in der Flüchtlingsfrage unterstrichen. Es gebe Probleme bei der Integration, generell und am Arbeitsmarkt. Wenn man das nicht zugebe, fehle der erste Schritt in Richtung Lösung. "Ich halte es für entscheidend, den Zustrom massiv zu reduzieren. Wir müssen die illegale Migration stoppen."
Rede vor dem Sicherheitsrat
In seiner Rede vor dem Sicherheitsrat referierte der 30-Jährige über Konflikte wie jenem in der Ukraine und Gefahren wie Radikalisierung und Terrorismus. Er forderte internationale Kooperation ein. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit ist "mit 57 Mitgliedern die weltweit größte regionale Sicherheitsorganisation nach Kapitel VIII der Satzungen der Vereinten Nationen" und der OSZE-Vorsitz kein "leichter Job", plauderte der Außenminister aus dem Nähkästchen des internationalen Konfliktmanagements.
"Aber auch wenn es manchmal hart ist, gibt es keine Alternative zu multilateraler Zusammenarbeit", so der ÖVP-Politiker. "Sie ist der einzige Weg, um Frieden, Sicherheit und Stabilität zu sichern." Bewaffnete Konflikte hätten bereits viel Leid, Vertreibung und Zerstörung in Teilen des OSZE-Raums hervorgerufen. "Es kann aber keine militärischen Lösungen für diese Konflikte geben. Wir müssen Wege finden, politische Lösungen zu ermöglichen."
Vermittlung im Ukraine-Konflikt
Als einen der Hauptschwerpunkte des österreichischen OSZE-Vorsitzes skizzierte der Außenminister die Vermittlung im Ukraine-Konflikt. Österreich habe als neutrales Land eine Tradition als Brückenbauer zwischen Ost und West. Eher en passant wurde die "Rolle der Russischen Föderation" bezüglich der Krise in und um die Ukraine erwähnt.
Bedeutsam sei die humanitäre Situation in der Region, erklärte Kurz: "Während meiner ersten Reise in die Ostukraine im Jänner habe ich eine inakzeptable Situation der Menschen dort gesehen. Die Lebensbedingungen der lokalen Bevölkerung, speziell entlang der Kontaktlinie, müssen verbessert werden. Der Zugang für humanitäre Organisationen ist unerlässlich."
Neben der Einhaltung des Minsker Abkommens sei daher die geplante Erhöhung der Anzahl an OSZE-Beobachtern und der Abzug schwerer Waffen eine wichtige Voraussetzung, mahnte Kurz an die Vernunft der involvierten Akteure. Pikanterweise hat im Februar die Ukraine als nicht-ständiges Mitglied den turnusmäßigen Vorsitz in dem hohen UNO-Gremium inne. Russland zählt neben China, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den USA zu den fünf ständigen "Members" des Sicherheitsrats.
Bezüglich der Themen "Radikalisierung und Terrorismus", erklärte Kurz, "beide bedrohen die interne Stabilität von Staaten und die Rechtsstaatlichkeit." Mehr als 10.000 Menschen aus dem OSZE-Raum hätten sich "Daesh", also der Jihadisten-Miliz "Islamischer Staat" (IS), angeschlossen. "Um in seinem Namen in Syrien, dem Irak und Libyen zu töten und zu vergewaltigen. Diese Kämpfer sorgen nicht nur für fürchterliches Leid in diesen Ländern, sie sind auch eine Gefahr für die OSZE-Länder, wenn sie zurückkehren."
Bei den Stellungnahmen zur Rede sagte unter anderem Russland dem österreichischen Vorsitz weitere Unterstützung zu. Lob für die OSZE war bereits am Dienstag von eher unerwarteter Seite gekommen. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, ließ wissen: "Die USA unterstützen die OSZE, die hilft, Europas Konflikte zu lösen. Diese Institutionen bringen Partner auf beiden Seiten des Atlantischen Ozeans zusammen, um unsere gemeinsamen Ideale zu teilen."
Trump bereitet Sorgen
Im Gegensatz zum neuen US-Präsidenten Donald Trump, der die Kooperationsbereitschaft der Vereinigten Staaten bei internationalen Konflikten gerne infrage stellt, gibt sich Haley weltoffen. Zu Trump hatte sich Kurz bereits am Dienstag am Flug nach New York kritisch geäußert. Die ersten Wochen seiner Amtszeit würden "definitiv Anlass zur Sorge" geben.
Kurz warnte vor einer Verschlechterung der Beziehungen zum Iran und einer möglichen Abkehr von der Forderung nach einer Zweistaatenlösung im Nahost-Konflikt. Auch ein Einreisestopp führe nicht zu einem "Mehr an Sicherheit", sondern diskriminiere ganze Staaten und Religionsgemeinschaften, meinte der Außenminister.