US-Außenminister John Kerry sagte am Donnerstag (Ortszeit), die USA befänden sich "an der Grenze zum Abbruch der Kooperation" mit Russland in der Syrienfrage. Moskau konterte, ein solcher Schritt würde einzig und allein den Terroristen nützen.
Luftangriffe verurteilt
US-Präsident Barack Obama und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte die Luftangriffe der syrischen und russischen Luftwaffe auf Aleppo aufs Schärfste. Sie seien sich darüber einig, dass es an Russland und dem syrischen Regime liege, die Kämpfe in dem Bürgerkriegsland zu beenden, teilte das Weiße Haus am Donnerstagabend in Washington nach einem Telefonat von Obama und Merkel mit.
Trotz der Eskalation des Kriegs mit massiven Angriffen auf die Großstadt Aleppo zeigte sich auch der UN-Sicherheitsrat bei dem Thema erneut uneins. "Wir sind zu keinen Schlussfolgerungen gekommen", sagte der neuseeländische UN-Botschafter und derzeitige Ratsvorsitzende Gerard van Bohemen nach einer Sitzung des Gremiums.
Humanitäre Katastrophe
Zuvor hatte UN-Nothilfekoordinator Stephen O'Brien das Gremium in New York gewarnt, Aleppo erlebe derzeit eine humanitäre Katastrophe "wie sie in Syrien noch nicht erlebt worden ist".
Die Organisation Save the Children beklagte, wegen der schweren Luftangriffe auch mit sogenannten bunkerbrechenden Bomben seien Kinder in Aleppo nirgendwo mehr sicher. Durch den "grausamen Angriff" auf die Metropole könnten fast 100.000 Kinder am Schulbesuch gehindert werden. Die Schulen im Ostteil sollten demnach am Samstag eigentlich wieder öffnen, blieben nun aber geschlossen.
Die Organisation betreibt in Aleppo 13 Schulen, darunter acht, die unterirdisch und damit eigentlich angriffssicher gebaut sind. Der Einsatz sogenannter bunkerbrechender Bomben lasse aber auch diese Schulen unsicher werden, erklärte Save the Children. Die Bomben lassen mehrstöckige Gebäude zusammenfallen und zerstören selbst Keller. Damit gebe es praktisch keinen Ort in Aleppo mehr, an dem Kinder sicher seien, erklärte die Organisation.
Aleppo hatte in den vergangenen Tagen die heftigsten Angriffe der syrischen und russischen Luftwaffe seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2011 erlebt. In den Rebellengebieten dort sind bis zu 300.000 Menschen eingeschlossen. Der russisch-amerikanische Austausch hatte vor allem nach einem Angriff auf einen UN-Hilfskonvoi gelitten, für den die USA Russland zumindest mitverantwortlich machen.
Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow telefonierten am Donnerstag erneut. "Wir wollen, dass die Bombardements aufhören und dass humanitäre Hilfe hineinkommt", sagte Kerrys Sprecher.
Welche Ziele verfolgt Moskau?
Russland kritisiert seinerseits die US-Haltung seit Tagen scharf. Das Außenministerium in Moskau wirft Washington unter anderem vor, mit der Syrien-Politik innenpolitische Ziele zu verfolgen. Unter anderem sei Washington nicht bereit, sich von terroristischen Gruppen unter den Rebellen zu distanzieren.
"Das beste Geschenk für Terroristen wäre ein Abbruch der Kooperation in der Syrienfrage", sagte Russlands Außenamtssprecherin Maria Sacharowa. "Wenn Washington seine Drohungen umsetzt, wäre das ein großer Feiertag für Terroristen." Der Außenpolitiker Leonid Sluzki meinte, "dass der gesunde Menschenverstand der USA ausreicht, um zu einem vernünftigen Verständnis der Lage zu kommen und mit Russland den internationalen Terrorismus zu bekämpfen."
"Die Amerikaner haben nichts zur Eindämmung der Gewalt in Syrien getan. Und nun versuchen sie, die Schuld dafür Moskau und Damaskus in die Schuhe zu schieben", sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses im russischen Föderationsrat, Konstantin Kossatschjow.
Merkel äußerte sich in einem Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin "äußerst besorgt" angesichts der katastrophalen humanitären Lage und forderte Putin auf, alles zu versuchen, um die Lage der Zivilbevölkerung zu verbessern, wie ein Regierungssprecher in Berlin mitteilte.