die seit Monaten laufende Selbstzerstörung des (2013 sehr erfolgreichen, siehe nebenstehende Grafik) Team Stronach geht munter weiter. Nur tröpfchenweise werden immer weitere Details bekannt. Fix ist inzwischen, dass Klubobfrau Kathrin Nachbaur ihren „Rückzug aus der Bundespartei Team Stronach für Österreich per sofort“ schriftlich beim Parteivorstand deponiert hat. Das bedeutet, dass sie als Nationalratsabgeordnete Mitglied im Stronach-Parlamentsklub ist, nicht aber in der Stronach-Partei. Damit ist sie kein Einzelfall: Weiter drei der elf Abgeordneten sind keine Parteimitglieder.
Wie lange Nachbaur noch gewählte Obfrau des Nationalratsklubs sein kann, wird sich heute Mittag entscheiden: Klubkollege Robert Lugar – nach eigenen Angaben wieder Vertrauter von Parteichef Frank Stronach – will im Klub die Vertrauensfrage stellen. Zwölf Personen (elf Nationalräte plus ein Bundesrat) sind dort stimmberechtigt. Lugar hatte Nachbaur zuvor aufgefordert, ihren Parteiaustritt als „Irrtum“ zu widerrufen, dann könne sie Klubchefin bleiben. Das schloss sie im ORF zwar wortreich aus, ließ später aber einen Kollegen dennoch twittern: „Ich kann mich für mein Geschwafel selbst nicht leiden.“
Lugar selbst beteuerte, er wolle nicht Klubchef werden. Jene, die die besten Chancen auf eine allfällige Nachfolge hat, die allseits anerkannte geschäftsführende Klubchefin Waltraud Dietrich aus der Steiermark, wollte vor der Sitzung dazu nichts sagen, war aber erkennbar bemüht, eine breite Lösung zu finden.
Haftungen
Am stärksten gerätselt wird nach wie vor über die zentrale Frage: Weshalb verließ Nachbaur die Partei, will aber den Nationalratsklub weiter führen. Einige Indizien weisen darauf hin, dass es ums liebe Geld geht. Erstes Indiz: Nachbaur trat aus der Bundespartei aus, bisher aber nicht aus der steirischen Landespartei. Entscheidend dabei: Die Landesparteien erhalten ihr Geld in Form von Darlehen von der Bundespartei. Diese Darlehen werden von der Bundespartei, deren Chef nach wie vor Frank Stronach ist, bei Wohlverhalten in Spenden umgewandelt. Nachbaur bezeichnete diese Darlehenskonstruktion wörtlich als „Hemmschuh“, über die Stronach versuche, „alles unter Kontrolle zu halten“.
Die Bundespartei selbst erhielt von Stronach zum Start 2013 einen Kredit in der Höhe von zehn Millionen Euro. Eine Million davon hat die Bundespartei inzwischen abgezahlt (aus der staatlichen Parteienfinanzierung) bzw. wurde ihr von Stronach als Spende später wieder geschenkt. Die Bundespartei haftet also weiter für neun Millionen, Stronach hat die Möglichkeit, diesen Kredit jederzeit fällig zu stellen.
Und damit sind wir wieder bei Nachbaur: Als eines von bisher nur 14 Mitgliedern der Bundespartei (weitere 350 Mitglieder in den Landesparteien) würde sie mit dafür haften. Wie konkret diese Haftung ist – und nach ihrem Austritt für die Vergangenheit wäre – ist unklar: Bisher hat die Stronachpartei die Vertragsdetails nicht bekannt gegeben. Offiziell heißt es nur, Stronach als Obmann würde haften, vermutlich aber nicht alleine: Bei derartigen Rechtskonstruktionen gibt es oft Solidarhaftungen. Die versuchte Flucht aus dieser Haftung könnte also Hintergrund des Austritts sein.
CLAUS ALBERTANI