Parkplätze, Siedlungen, Einkaufszentren und Straßen: Österreich hat seit der Jahrtausendwende viel zu viel Boden versiegelt und verbraucht. Um genau zu sein 110.000 Hektar zu viel – das sind 154.000 Fußballfelder oder alle neun Landeshauptstädte zusammen. Seit man vonseiten der Politik 2002 das inzwischen politisch umstrittene Nachhaltigkeitsziel von maximal 2,5 Hektar Verbrauch pro Tag versprochen hat, „wird dieses Ziel jedes Jahr verfehlt“, warnt Simon Pories von der Umweltschutzorganisation WWF. So haben etwa Niederösterreich, Oberösterreich und die Steiermark im Alleingang in den vergangenen Jahren so viel Boden verbraucht, wie es für ganz Österreich vorgesehen wäre.

Statt 2,5 Hektar wurde im Schnitt pro Tag das Fünffache (12,1 Hektar) verbraucht und versiegelt. Der WWF legt diese Berechnungen in einem neuen Report vor. Sie beruhen auf Daten aus der digitalen Katastralmappe, man verwende dieselbe Methode, die auch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen verwendet. Vollständigere Daten bietet die Website der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK), die Zahlen reichen aber nur bis 2022 zurück.

Zu viele Siedlungen und Straßen

Der größte Teil des Bodenverbrauchs ging laut WWF für neue Siedlungs- und Betriebsflächen drauf. Deren Fläche hat in den vergangenen zehn Jahren um 378 Quadratkilometer zugenommen. Aber auch die Größe von Einkaufszentren habe sich seit 2000 mehr als verdoppelt. In Österreich gäbe es insgesamt 520 davon, also im Schnitt in jeder vierten Gemeinde. „Davon wurden die meisten am Ortsrand auf der grünen Wiese errichtet“, so Pories. Aber auch das Straßennetz ist mit 128.000 Straßenkilometern und damit nahezu 14,1 Metern Fahrbahnlänge pro Kopf extrem dicht. Nach den WWF-Berechnungen hat der Bodenverbrauch seit 2000 fast um ein Drittel (32 Prozent) zugenommen. Die Ackerflächen sind von 1999 bis 2020 um mehr als 72.000 Hektar geschrumpft, sagt Hanna Simons vom WWF.

Das gefährde die Ernährungssicherheit und „heizt die Klimakrise und das Artensterben weiter an“, sagt Simons. Außerdem leide der Krisenschutz: Angesichts der Extremwetterereignisse steige ohne Versickerungsflächen zum Beispiel die Überflutungsgefahr.

Negativbeispiel Nassfeld?

Die Experten des WWF fordern von der Politik umfassende Maßnahmen. Es werde zu wenig getan, zu viele Schlupflöcher würden sich etwa auch noch finden, was die Raumordnung angeht. Als Negativbeispiel führt der WWF etwa die Chaletdörfer am Nassfeld im Südwesten von Kärnten an, das knapp drei Hektar große „Almresort Sonnenalpe Nassfeld“ konnte ohne Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) umgesetzt werden, weil die Projektwerber den Schwellenwert von 500 Betten mit 489 knapp unterschritten hätten.

Konkret schlägt der WWF 20 Lösungsmöglichkeiten vor, fordert etwa ein bundesweites Bodenschutz-Gesetz mit einer Obergrenze, einen Plan gegen den Leerstand, ein Renaturierungsprogramm und den Stopp neuer Schnellstraßenprojekte.