Bei einer Schwerpunktprüfung hat die Volksanwaltschaft 123 Einrichtungen in allen Bundesländern besucht und mit 1511 Bewohnerinnen und Bewohnern gesprochen. Daraus ging hervor: 80 Prozent der Menschen, die in Alten- und Pflegeheimen leben, leiden an Schmerzen. Unwissenheit beim Personal herrsche rund um das Thema assistierter Suizid. Viele der Betroffenen sind sich gar nicht bewusst darüber, dass sich Schmerzen eigentlich vermeiden ließen oder halten diese für normal – man gebe dem hohen Alter die Schuld. Schmerzen, die zu lange nicht behandelt werden, könnten chronisch werden.

Notfalldepot als Lösungsansatz

In Österreich habe sich ein strukturelles Problem eingeschlichen, sagt Wilhelm Eisner, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft in der ZiB 2. Schuld daran seien unter anderem zu wenige Studien- und Ausbildungsplätze in der Pflege und der Medizin, was wiederum zu einem eklatanten Personalmangel in Österreich führe.

Es liege also nicht daran, dass die Medikamente zu teuer seien, so Eisner. Die derzeitige Situation sei jedenfalls „sehr ernst“. Verbessern ließe sich die Lage in den Pflegeheimen beispielsweise durch die Einführung einer Art Notfalldepot an Medikamenten. So könnten Medikamente sofort verschrieben werden, auch wenn kein Arzt vor Ort ist. „Dieser könnte das nach telefonischer Rücksprache gegenzeichnen“, so Eisner.

Geschlecht als entscheidender Faktor bei Schmerzempfinden

Die Befürchtung, dass die Zahl der Suchtkranken in Österreich steigen könnte, wenn man die Verschreibung von Schmerzmitteln erleichtert, sieht Eisner jedenfalls nicht. „Bei Krebspatienten und anderen schweren Fällen von einer möglichen Suchtgefahr zu sprechen, ist zynisch“, so der Experte.

Generell müsse sich die Situation in Österreich ohnehin ändern. Auch im Bereich der Schmerzprävention und -therapie. Derzeit würde die Schmerztherapie auf Studien basieren, die mittelalterliche, normalgewichtige Männer als Probanden hatten. Die Wissenschaft habe aber bereits festgestellt, dass Frauen Schmerzen generell anders wahrnehmen. „Was wir brauchen, sind Studien mit Männern, Frauen und Kindern“, erklärt Eisner.