Nicht nur Duino hat eine Dama Bianca. Auf der Festung Hohensalzburg gibt es auch „Die weiße Frau“, eine Frauengestalt in weißen, wallenden Gewändern, die durch die weiten Wehrgänge geistert und sich immer dann zeigt, wenn etwas Schlimmes passiert: Krieg, Brand, Hungersnot, Hochwasser, Pest.

So war es laut „Salzburger Sagenbuch“ erstmals auch 1322, am Vorabend der Schlacht von Mühldorf, in der Friedrich der Schöne von Österreich und Ludwig der Bayer um die deutsche Kaiserkrone stritten und ein Gemetzel hinterließen.

„Ich bin der weißen Frau noch nie begegnet, da habe ich bisher Glück gehabt“, sagt Iris Hafner lächelnd. Dafür hat die neue Burgherrin – „den Begriff Castellana finde ich hübscher“ – den schönsten Blick vom höchsten Punkt auf Salzburg.

In Frauenhand

800 Jahre hat es gebraucht, bis die Festung Hohensalzburg zum zweiten Mal in ihrer mehr als tausendjährigen Geschichte in Frauenhand kam. Anfang des 13. Jahrhunderts war Dietmut von Högl die erste Burgherrin auf der Festung Hohensalzburg. Seit März ist Iris Hafner die Festungsverwalterin einer der größten, vollständig erhaltenen Burgen Mitteleuropas.

Die 35-jährige Castellana hat sich unter mehr als 40 Bewerberinnen und Bewerbern durchgesetzt. Sie kennt fast jeden Winkel auf Europas Burganlage, die ins 11. Jahrhundert zurückreicht, die ganzjährig geöffnet ist und im Jahr mehr als eine Million Besucher hat. Die Festung Hohensalzburg ist mit Schloss Schönbrunn der meistbesuchte Ort Österreichs.

Zweieinhalb Jahre hat Hafner auf der Festung bereits als Kulturvermittlerin gearbeitet. Nun ist sie zuständig für den täglichen Betrieb, die Sicherheit, die Koordination ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – je nach Saison sind das zwischen 15 und 20 Personen. Nach dem Studium der Europäischen Ethnologie in Innsbruck und Oslo arbeitete Hafner, die in St. Wolfgang und Strobl aufwuchs, mehrere Jahre in der Erwachsenenbildung und Kulturvermittlung. „Die Festung ist so gut erhalten, weil es dort nie eine Kampfhandlung gab“, erklärt sie, „einzig 1525 ist einmal eine Kanonenkugel eingefahren bei einer Säule im Fürstenzimmer, das war im Zuge der Bauernaufstände.“

Von ihrem Büro aus schaut sie in den Burghof. Sie sieht, wenn das Postauto kommt oder externe Handwerker. Seit 2016 gehört die Festung zum Land Salzburg, davor war sie im Bundesbesitz.

Rund um die Uhr besetzt

Der Morgen und der Abend seien die besten Zeiten, um die Festung zu besuchen, um diese umwerfende Aussicht zu genießen, erzählt sie. Die Festung ist rund um die Uhr besetzt. Hafner wechselt sich mit Kolleginnen und Kollegen bei den Journal- und Nachtdiensten ab, dafür gibt‘s auch eigene Wohn- und Schlafeinheiten. Unheimlich sei es so allein dort droben aber nicht: „Wenn man die Festung gut kennt, hat es nichts Gruseliges“, schildert sie.

Um Material hinaufzubefördern, gibt es den sogenannten Reißzug, die älteste bis heute beschriebene Materialseilbahn der Welt. Zwischendurch musste der Reißzug auch als Personentransportmittel herhalten, wenn einer der Bewohner auf der Festung etwa sofort zum Arzt musste. Heute leben noch fünf Personen ständig auf der Festung. Der Transport ist die große Herausforderung für alle, die heroben wohnen oder arbeiten. Die Feuerwehr hat ihre Gerätschaft in der Festungsanlage fix verstaut und einen eigenen Pinzgauer, um im Notfall schnell hinaufzukommen. Für die Festungsbelegschaft gibt‘s einen kleineren geländegängigen Toyota, wenn‘s auch einmal schnell runter und rauf gehen muss.

Iris Hafner startet grundsätzlich gern früh mit der Arbeit, da fahre noch nicht einmal die Festtagsbahn hinauf: „Ich darf die schmale Nonnberggasse mit dem Auto hinauffahren, vorbei am Kloster bis zur Mittelstation, der sogenannten Katze. Den Rest gehe ich zu Fuß“, erzählt sie. Manchmal liege die Stadt noch im Nebel, oben scheine schon die Sonne: „Das ist Magie.“

St. Georgs Kirche
St. Georgs Kirche © Festung Hohensalzburg
Innenhof
Innenhof © Festung Hohensalzburg
Aus der Vogelperspektive
Aus der Vogelperspektive © Festung Hohensalzburg