Unsichtbare Drähte sind über den Dächern von Graz gespannt - vom Kunsthaus zur TU, vom Messeturm zum "Platz ohne Namen" im Lendviertel, vor allem aber von Privathaus zu Privathaus. Ein "Funkfeuer" lodert über der ganzen Stadt und verbindet Hunderte Standorte und Knotenpunkte, die ein offenes, drahtloses Netz zum freien Austausch von Daten bilden, das weit in den Süden, bis Wundschuh und Mitteregg reicht. Und bald noch viel weiter reichen könnte - zum Beispiel nach Slowenien.

Netzwerken

Wir treffen uns am Dach des Messeturms. Man sieht den Dom, Schloss Eggenberg - praktisch alle Sehenswürdigkeiten der Stadt. Doch nicht nur für Genießer ist diese Aussicht spektakulär, auch für Techniker. "Kein Wunder, dass der Knoten hier so gut funktioniert," sagt Christian Pointner. Sehr viele der anderen Knotenpunkte sind von hier aus sichtbar - heißt, sie können von hier aus weiter verknüpft werden und verknüpfen. Denn: Bei Funkfeuer ist jeder Nutzer gleichzeitig Knotenbetreiber, also Provider. Eine zentrale Stelle wie bei kommerziellen Internetanbietern gibt es nicht.

"Der Internetzugang ist aber der geringste Punkt", stellt Max Henkel klar, der als Erdgeschoß-Bewohner selbst kein "Funkfeuer" nutzen kann, sich aber aus Überzeugung als Berater und Bastler in die Gemeinschaft einbringt. Oft missverstanden als Gratis-Internet, kann und ist Funkfeuer viel mehr: Dem gleichnamigen Verein, der 2006 in Graz nach Wiener Vorbild gegründet wurde, geht es darum, ein alternatives, unabhängiges Netzwerk aufzubauen. Ein Netz, das in der Hand der User liegt und das nicht von außen reguliert wird.

Im Gespräch mit den Funkfeuer-Mitgliedern werden in diesem Zusammenhang auch Grundrechte angesprochen, wie das Recht auf freien Informationszugang und das Recht, seine Meinung anonym zu äußern. Ebenfalls wichtig: das Anbieten eines symmetrischen Internet-Zugangs, der die gleiche Geschwindigkeit für Down- und Upload zur Verfügung stellt - etwas, das bei kommerziellen Anbietern nur sehr teuer für Geschäftskunden angeboten wird.

Der Grazer "Ur-Knoten" ist die Antenne am Kunsthaus, die im Zuge eines Projektes des mittlerweile geschlossenen Medienkunstlabors 2003 errichtet wurde. Von hier aus wurde die erste Verbindung zum "Spektral" am Lendkai angepeilt - "und das hat gleich relativ gut funktioniert", erinnern sich die Funkfeurer.

Bastelstunden

Es folgten Antennen-Bastelworkshops mit teilweise abenteuerlichen Experimenten, wo es auch darum ging, die Kosten möglichst gering zu halten. "In dieser Zeit haben wir Unmengen an türkischem Käse verputzt", lacht Pointner: Die Verpackung hat sich schlichtweg als unwiderstehlich gute Zutat zum Antennenbau herausgestellt.

Um das Netz noch dichter zu spinnen und auszuweiten, freut sich Funkfeuer über neue User, also neue Knoten. Mitmachen kann jeder - und natürlich auch jede! - mit ein wenig Spaß an Technik und am Basteln (siehe auch Info rechts).