Eine gute Muskulatur wirkt sich höchst positiv auf Allgemeinzustand und Lebenserwartung aus. Eine aktuelle Meta-Analyse belegt nun, dass die Muskelkraft auch bei Menschen mit einer kritischen oder chronischen Erkrankung erheblichen Einfluss auf ihre Lebenserwartung hat.
Untersucht wurden die Ergebnisse von 39 prospektiven Kohorten-Studien, in die insgesamt 39.852 Patienten eingeschlossen waren. Im Mittelpunkt stand die Frage, welche Auswirkungen die Muskelkraft auf die Sterblichkeit dieser Menschen, die ambulant oder in stationären Einrichtungen medizinisch versorgt wurden, hat.
Muskeltraining auch bei schweren Erkrankungen
Die Ergebnisse der Meta-Analyse zeigten eindeutig, „dass schlechte muskuläre Fitness die Wahrscheinlichkeit für einen früheren Tod erhöht“, sagt Barbara Prüller-Strasser, Leiterin des Projekts an der Universität Regensburg. „Patienten mit geringer Muskelkraft wiesen im Vergleich zu Patienten mit hoher Muskelkraft ein 1,8-fach erhöhtes Risiko zu sterben auf. Umgekehrt zeigte sich, dass ein um 5 Kilo höheres Muskelkraftniveau ein um 28 Prozent verringertes Risiko für die Sterblichkeit mit sich bringt“, sagt Prüller-Strasser.
„Es ist daher von entscheidender Bedeutung, Patienten mit Muskelschwäche rechtzeitig zu identifizieren und wirkungsvoll zu therapieren. Dies muss einfach stärker in den Fokus der medizinischen Praxis rücken“, betont Prüller-Strasser. Vor allem bei schweren Erkrankungen sowie bei Tumortherapien wirkt sich der Muskelschwund, insbesondere bei unzureichender Energie- und Eiweißzufuhr, negativ auf den Krankheitsverlauf aus.
„Die Patienten werden dann häufig pflegebedürftig und bei älteren Menschen wird dann leider oft eine Überstellung in ein Pflegeheim notwendig. Ein wichtiges Ziel im klinischen Management muss es daher sein, Patienten mit geringer muskulärer Fitness frühzeitig zu erkennen und umgehend Maßnahmen einzuleiten, wie eine adäquate Ernährungstherapie und ein rechtzeitiges und gezieltes Krafttraining, um dem Verlust an Muskelkraft effizient entgegenzuwirken“, so Prüller-Strasser.
Ernährung und Training so wichtig wie Medikamente
Eine gezielte Ernährungs- und Trainingsintervention sei bei vielen Erkrankungen ähnlich wichtig wie die medikamentöse Behandlung. Prüller-Strasser unterstreicht, dass Patienten in fast jeder Krankheitssituation von einem therapiebegleitenden Training profitieren können. Denn neben einer verbesserten Prognose wirke sich dies auch positiv auf die Lebensqualität aus: „Die Patienten fühlen sich seltener erschöpft und sind leistungsfähiger. Sie können eigenständig ihr subjektives Wohlbefinden positiv beeinflussen. All das stärkt die Patientenkompetenz und fördert die Compliance des Patienten zur vereinbarten Therapie.“
Die Wissenschaftlerin fordert daher, dringend entsprechende Rahmenbedingungen für die Umsetzung eines solch umfassenden Behandlungsansatzes zu schaffen. „Ärzte, Pflegepersonal und schlussendlich Patienten müssen körperliches Training und Ernährung als hocheffizienten Bestandteil von Prävention und Therapie verstehen. Davon profitieren vor allem die Patienten selbst, aber auch die Krankenhäuser und das gesamte Gesundheitssystem“, bekräftigt Prüller-Strasser.