Mehr als eine Million Österreicher hat arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme. Psychische Krankheiten sind dabei im Ansteigen: Mehr als ein Drittel der Diagnosen, die zu Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspensionen führen, sind darauf zurückzuführen. Zwei von drei Arbeitnehmern gehen davon aus, dass der Chef dafür kein Verständnis hat, hieß es bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.
Die alarmierenden Zahlen der Arbeiterkammer werden durch eine aktuelle Befragung zum Thema "Psychische Belastung am Arbeitsplatz" bestätigt. Der digitale Meinungsforscher Marketagent.com hat mehr als 1000 Arbeitnehmer und Personalentscheider interviewt und kam unter anderem zum Schluss, dass zwei von drei Arbeitnehmern bei psychischen Problemen versuchen würden, den wahren Grund eines Fernbleiben vom Arbeitsplatz zu verschleiern.
Tabu-Thema
Für jeden zweiten Befragten sind psychische Probleme im Unternehmen ein Tabu-Thema. Ein darauf zurück zuführender Krankenstand wird im Zweifelsfall von zwei Dritteln der Betroffenen verheimlicht. Die Akzeptanz bleibt tatsächlich relativ gering, auch wenn heute ungefähr ein Drittel der Krankenstände inoffiziell auf diesen Bereich zurückzuführen sei, so die Experten.
Die neue, kostenpflichtige Internet-Plattform "Instahelp" soll niederschwellig in Echtzeit die psychologische Online-Beratung für Arbeitnehmer ermöglichen. Via Video-, Audio- oder Textchat stellen die Spezialisten zwar keine Diagnosen, aber sie beraten im besten Fall vorbeugend und vermitteln gegebenenfalls die passenden Experten. Als Partner fungiert die Wiener Sigmund Freud Universität.
Gratis-Beratung willkommen
Mehr als ein Viertel der Befragten hat angegeben, dass sie eine psychologische Gratis-Beratung in der Firma in Anspruch nehmen würden. Vier von fünf Personen meinen, dass psychische Leiden im Berufsalltag in den letzten zehn Jahren zugenommen haben, fast alle (95 Prozent) haben selbst bereits Erfahrungen im Umgang mit Personen mit psychischen Problemen.
Private und berufliche Gründe sind fast gleichermaßen Ursache psychischer Leiden, was in den Chefetagen aber nicht angekommen ist: Während 58 Prozent der Arbeitnehmer einen beruflichen Hintergrund als Auslöser sehen, stimmen dem nur 41 Prozent der Arbeitgeber zu.