Leiser treten, nur weil sie jetzt 90 ist? Das würde zu Shirley MacLaine nicht passen. Und so hat die Schauspielerin - pünktlich zu ihrem 90. Geburtstag am 24. April – via Newsletter kundgetan, sie werde ihr rundes Jubiläum mit ein paar guten Freunden verbringen und dann „einen neuen Film drehen“. Keine schlechte Art zu feiern. „People Not Places“ soll der Film heißen, Thrillerspezialist Brad Furman („City of Lies“, The Infiltrator”) wird Regie führen. MacLaine spielt darin eine alte Dame, die sich mit einem Obdachlosen anfreundet, während sie versucht, die Beziehung zu ihrem Sohn zu kitten.

Kein ganz leichter Stoff, aber „die“ MacLaine kann bekanntlich alles spielen. Komödien („Immer Ärger mit Harry“, „Das Mädchen Irma LaDouce“), Dramen („Magnolien aus Stahl“), Musicals („Sweet Charity“), Krimis („Ocean’s Eleven“), Western („Ein Fressen für die Geier“), Tragödien („Verdammt sind sie alle“). Sechsmal war sie für einen Oscar nominiert, für „Zeit der Zärtlichkeit“ hat sie ihn auch bekommen. Hoch verdient.

Wahrscheinlich aber war die Liebeskomödie das maßgeschneiderte Gerne für eine Schauspielerin mit derart expressivem Mienenspiel und derart makellosem Timing: Egal, ob Tragikomödien wie „Das Appartement“ oder Turbo-Klamauk wie „Auf dem Highway ist die Hölle los“: MacLaine (der im Wiener Gartenbaukino derzeit eine Retrospektive gewidmet ist) wusste ihr Charisma vor der Kamera immer perfekt zu dosieren.

Zielscheibe von Kritik

Andernorts trägt sie gerne dicker auf: Sie hat mehrere Bestseller esoterischen Inhalts verfasst, in denen sie regelmäßige Begegnungen mit UFOs und Aliens beschrieb. Dass sie Stephen Hawkings degenerative Erkrankung ALS und sogar den Holocaust als Folge von „Karma“ abtat, brachte ihr allerdings heftige Kritik ein.

Aber derlei ist sie gewohnt. MacLaine engagierte sich früh für die Gleichberechtigung und in der US-Politik, sie ist bekannt dafür, sich nie ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Co-Stars wie Anthony Hopkins und Debra Winger beschwerten sich entsprechend über ihre „Unausstehlichkeit“, ihre Tochter Sachi schrieb ein recht unfreundliche Enthüllungsbuch über sie. Sie ist eben nicht Everybody’s Darling – und doch ist die Verehrung für die Hollywood-Ikone ungebrochen. Wohl nicht zuletzt, weil Stars mit Ecken und Kanten in der Traumfabrik rar geworden sind.