Stell dir vor du bist berühmt und es interessiert dich nicht. Ein Satz, der selten vorkommt und noch seltener in der Modewelt. Doch einer hat das radikal durchgezogen, bis heute: Helmut Lang. Österreichs bislang berühmtester Designer, hat im Jahr 2004, am Ende seiner Fashionshow den Abschied verkündet und damit die Modewelt in ein kollektives Wehklagen gestürzt. Seine Erklärung war reduziert wie seine Mode: „Ich möchte kein Leben mit Bodyguards führen, ich möchte nicht erkannt werden“. Das merkt man schon am Beginn des neuen Porträts von Claudia Müller, das Montagabend nach dem Kulturmontag zu sehen ist. Ein Mann spaziert am Strand von Long Island (New York) im gleißenden Gegenlicht den Strand entlang. Jeans, Pullover, Baseball-Cap. Mehr an Bildern wird es von ihm nicht geben – Helmut Lang ist nur aus dem Off zu hören.

Elfie Semotan, Fotografin und Wegbegleiterin von Helmut Lang
Elfie Semotan, Fotografin und Wegbegleiterin von Helmut Lang © ORF

Dafür kommen andere zu Wort, darunter Wegbegleiterin und Fotografin Elfie Semotan, die mit Model Cordula Reyer und Lang seit dessen Anfängen ein kreatives Dreigestirn gebildet haben. Diese Anfänge liegen in seiner Heimatstadt Wien, wo der ehemalige Aushilfskellner im „Szenelokal“ Motto, 1986 als Autodidakt in die Welt der Mode einsteigt. Die Inspiration kam damals schon von der Kunst: Mit Künstlern wie Martin Kippenberger oder Kurt Kocherscheidt war Lang befreundet. Provozieren wollte der heute 62-Jährige jedoch nie, die Mode war vielmehr seine Spielwiese. Eine radikal reduzierte Spielwiese, zugegeben, aber genau das machte den Reiz für Helmut Lang aus. Ein Name, der auch noch heute der Inbegriff für Reduktion und Minimalismus ist. Experten geht das natürlich nicht weit genug: „Er hat die Codes der Mode umgeschrieben“, so Sarah Mower, Redakteurin der US-Vogue über den Wiener, der 1998 nach New York übersiedelte.

Und tatsächlich hat Lang, der gebürtig Peter Scepka heißt, die Mode auf den Kopf gestellt: Nicht zuletzt, weil er sie anders gesehen hat – als Haut, Schutz, als Körper selbst. Seine Herbst/Winter-Kollektion 1998/99 ließ er als erster Designer überhaupt als Stream auf seiner Website übertragen. Frau und Männer defilierten gleichzeitig und überhaupt war Diversität für ihn eine Selbstverständlichkeit. Ausgetretene Pfade waren und sind ihm ein Gräuel: Seine Werbekampagnen platzierte er lieber in der Zeitschrift National Geographic oder auf New Yorker Taxis.
Wer genau hinschaut, kann schon damals seinen Blick in Richtung Kunst ausmachen, denn sein Ausgangpunkt – auch in der Mode – war immer schon das Material: Das ist heute bei seinen Kunstwerken nicht anders. Das Material bestimmt die Richtung der Reise. Die Doku gibt auch Einblicke in sein Atelier auf Long Island. Der Ort, wo Helmut Lang angekommen ist, aber nur, um sich fortwährend zu verwandeln.