Berlin, 1929: Schriftsteller Erich Kästner (Florian David Fitz) genießt den Erfolg seines ersten Kinderbuchs. Eines Tages steht ein siebenjähriger Fanpostschreiber (Nico Ramon Kleemann) vor seiner Tür. Mit Hans’ Verehrung kann der kinderlose Lebemann Kästner zunächst wenig anfangen. Schon bald erkennt er jedoch, dass ihm die blühende Fantasie des klugen Buben bei neuen Geschichten nützlich sein kann. Als „Emil und die Detektive“ von der UFA verfilmt wird, geht für Hans ein Traum in Erfüllung: Er darf den „kleinen Dienstag“ spielen. Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten muss Kästner um sein Leben fürchten. Um den Buben nicht zu gefährden, beendet er den Kontakt mit einer Lüge. Der Film „Kästner und der kleine Dienstag“ wurde in Wien unter der Regie von Wolfgang Murnberger gedreht. Die Hauptrolle verkörpert der 43-jährige Florian David Fitz.
Herr Fitz, als der Film 2015 gedreht wurde, sagten Sie uns, dass Sie früher Kästner-Gucker, kein -Leser waren. Hat sich das inzwischen geändert?
FLORIAN DAVID FITZ: Als Kind war ich Kästner-Gucker und – wie ich bei meiner Mutter eruiert habe – Kästner-Hörer. Wir hatten sehr viele Kassetten mit seinen Geschichten. Inzwischen bin ich aber auch Kästner-Leser: von „Fabian“ über seine Gedichte bis zu den Kinderbüchern.
Wir gefällt Ihnen seine Literatur für Erwachsene?
FLORIAN DAVID FITZ: Gut, er war ja Mitbegründer der ,neuen Sachlichkeit'. Das liest sich auch heute modern.
Wie ist es Ihnen bei der Annäherung an den Schriftsteller gegangen?
FLORIAN DAVID FITZ: Wir kennen Kästner ja alle nur als den gütigen, leicht ironischen, älteren Märchenonkel. Wie er so in den 1920er- und 1930er-Jahren war, wissen wir nicht. Aber es gibt genügend Material: Wenn man etwa seine Gedichte liest, erfährt man viel über seine Haltung. Meine Mutter war zufälligerweise mit einem unfreiwilligen Ziehsohn von ihm befreundet, also mit dem Sohn der Lebenspartnerin von Kästner. Und die lebten damals alles andere als eine bürgerliche Beziehung – das war schon Boheme. Spannend finde ich auch den Widerspruch zwischen Kästners Schreiben für Kinder und seinem Umgang mit Kindern. So viel wusste er mit ihnen nicht anzufangen. So war es für uns ein spannender Ausgangspunkt, als sich der kleine Freitag so plötzlich in sein Leben reinspreißelt – gerade kurz nachdem Kästner mit einer verheirateten Frau geschlafen hat.
Im Film schreibt der siebenjährige Hans Erich Kästner einen Brief. Erreicht Sie so etwas wie Fanpost heutzutage noch?
FLORIAN DAVID FITZ: So altmodische Dinge gibt es noch. Das wird dann an die Agentur geschickt. Ab und zu bekommen Fans aber auch die Adresse heraus und schicken Pakete, selbst geschriebene Romane, geheime Botschaften und manchmal tatsächlich Essen.
Aber es kommt nie dazu, dass Sie aufgrund der Beharrlichkeit des Fans in ein Treffen einwilligen?
FLORIAN DAVID FITZ: Nein, da ist man heute vorsichtiger. Die Welt damals war unschuldiger. Ja, es ist mir schon passiert, dass Leute in, sagen wir einmal, psychischem Ausnahmezustand mitten in der Nacht vor meiner Türe standen, und das war deutlich unlustiger.
Über Ihr Privatleben dringt so gut wie nie etwas nach außen. Wie ist Ihnen das gelungen?
FLORIAN DAVID FITZ: Keine Homestorys – weder als Nachwuchsschauspieler, um bekannter zu werden, noch jetzt. Es gibt ja das berühmte Zitat: Wer mit dem Boulevard hochfährt, fährt mit dem Boulevard auch wieder hinunter. Das hat mir eingeleuchtet. Natürlich sollen wir Schauspieler den Leuten bekannt sein, das hilft. Aber bestenfalls eben für unseren Beruf.
Sie drehen unter Sönke Wortmanns Regie mit Iris Berben und Christoph Maria Herbst „Der Vorname“. Was können uns wollen Sie uns dazu schon sagen?
FLORIAN DAVID FITZ: Es ist ein französisches Theaterstück und ein bisschen wie „Der Gott des Gemetzels“. Da zerstreiten sich Freunde während eines Abendessens, über den Vornamen, den ich meinem Sohn geben will. Adolf.
„Der Vorname“ entsteht fürs Kino. Wie geht es Ihnen im Jahr 2017 mit dem Fernsehen?
FLORIAN DAVID FITZ: Ich habe keinen Fernseher.
Wie dies?
FLORIAN DAVID FITZ: Ich hab umgebaut. Ich hab zwar einen Beamer, aber nachdem ich nur Dachschrägen habe, gibt es keinen Ort mehr, wo ich hinbeamen kann.
Christoph Steiner