Sie war die erste deutsche Filmregisseurin, die älteste aktive Filmemacherin der Welt und wohl eine der widersprüchlichsten Künstlerpersönlichkeiten der vergangenen 100 Jahre. Keine andere Filmregisseurin ist so sehr beachtet, bewundert und verdammt worden wie Leni Riefenstahl.

"Triumph des Willens", ihr Dokumentarfilm über den NSDAP-Parteitag in Nürnberg 1934, ist vermutlich das meist zitierte Werk der Filmgeschichte. Im Jahr 2003 starb sie im Alter von 101 Jahren. War Riefenstahl in ihrer Heimat nach 1945 lange Zeit als "Hitlers Auge" eine Ausgestoßene, zählte das amerikanische "Time"- Magazin sie als einzige Frau zu den "100 einflussreichsten und beeindruckendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts". Zu den Bewunderern ihrer Filmästhetik gehören Francis Ford Coppola, George Lucas, Helmut Newton und Mick Jagger. Jean Cocteau nannte sie ein "Genie des Films". Im Rahmen der Olympischen Spiele strahlt ORF III am Samstag im Zuge eines "zeit.geschichte"-Schwerpunkts Leni Riefenstahls "Olympia" aus.

Die am 22. August 1902 als Kaufmannstochter in Berlin geborene Filmemacherin war zunächst eine international erfolgreiche Tänzerin in der Tradition des Ausdruckstanzes, bis sie ein Unfall zwang, 1927 ihre Tanzkarriere aufzugeben. Ihre Liebe zum Film hatte schon vorher der erste Bergfilm von Arnold Fanck, "Der Berg des Schicksals", geweckt. Riefenstahl lernte Skifahren und Bergsteigen und wurde noch in der Stummfilmzeit populäre und attraktive Hauptdarstellerin mehrerer Bergfilme. Ihr Regiedebüt gab sie 1932 mit der mystisch- romantischen Berglegende "Das blaue Licht", in dem sie als Naturkind Junta selbst die Hauptrolle übernahm und Triumphe feierte.

Adolf Hitler selbst beauftragte Riefenstahl daraufhin mit dem Film zum Nürnberger Parteitag. Weltberühmt wurde sie mit ihrem Film "Olympia - Fest der Völker - Fest der Schönheit" von 1936. Bis zuletzt betonte sie, dass sie den Streifen eigentlich nicht machen wollte. Tatsache ist, dass sie sich schon 1932, als sie Hitler zum ersten Mal bei einer Rede im Berliner Sportpalast erlebte, schriftlich an den "Führer" wandte mit der Bitte, ihn "persönlich kennenzulernen". Sie hat auch nie geleugnet, dass Hitler sie beeindruckt hat. Riefenstahl wurde eine der wenigen unverheirateten Frauen, die häufiger mit Hitler gesehen wurden und zu Gast bei ihm waren. Dennoch sei zwischen den beiden immer eine gewisse Distanz geblieben, schreibt ihr Biograf: "Eine Duz-Freundin Hitlers, wie dies etwa Winifred Wagner war, ist Riefenstahl nie geworden."

Leni Riefenstahl im Jahr 2002
Leni Riefenstahl im Jahr 2002 © APA

Ihren letzten Spielfilm "Tiefland", den sie in den Kriegsjahren 1940 bis 1942 mit Bernhard Minetti und Aribert Wäscher drehte, brachte Riefenstahl 1954 mit mäßigem Erfolg heraus. Mit erstaunlicher Hartnäckigkeit bekämpfte sie nach dem Krieg sowohl öffentliche Ablehnung als auch Unfälle und Krankheiten mit neuen Aktivitäten, die in einer zweiten, späten Karriere als Fotografin gipfelten, vor allem in ihren Abenteuern mit der Kamera unter Wasser und bei den Nuba-Volksstämmen im afrikanischen Sudan. Bis ins hohe Alter reiste Riefenstahl mit ihren neuen Arbeiten um die Welt oder nahm an Eröffnungen von Ausstellungen über ihr Leben und Werk teil. Zuletzt plante sie einen Fotoband über die italienische Insel Capri.