Ein makaberes Bild bietet sich im Naturhistorischen Museum (NHM): Mit Teer überzogene Tierpräparate des Künstlers Mark Dion stören die heile Welt der ausgestopften Tiere. Sein Werk "The Tar Museum" macht den Tod im Museum sichtbar und wird im Rahmen der Ausstellung "Naturgeschichten. Spuren des Politischen" des Museums moderner Kunst Stiftung Ludwig (mumok) ab 23. September in Wien gezeigt.
Zwischen den ausgestopften Wildrindern, Kamelen und Lamas in Saal 35 des NHM steht ein schwarzer Baum, an dessen Zweigen geteerte Vögel hängen. Genauso totenstill wie die schwarze Flamingoattrappe, die zu Mark Dions Installation "The Tar Museum" gehört, sind die "normalen" exotischen Museumsexponate. Doch erst mit den teerüberzogenen Tieren des amerikanischen Objektkünstlers hält der Tod im Museum Einzug: Während der Besucher der Anblick lebendig wirkender ausgestopfter Tiere gewohnt ist, ruft das verklebte Gefieder der Vögel Bilder von Umweltkatastrophen hervor, die in den Dioramen des Museums ausgespart bleiben.
Dion geht es in seinem Werk um die Phänomene Verdrängung und Wahrnehmung. Er stellt die Frage, wie und zu welchem Zweck Natur, im Museum konserviert und ausgestellt wird und aus welchem Interesse sie die Besucher betrachten. "Das Museum muss umgedreht werden - die Objekte müssen ins Depot und die Hinterzimmer müssen ausgestellt werden", wird Dion in der Schau zitiert. Dions Arbeit sei eine "Warnung, auf Strategien der Musealisierung nicht hereinzufallen", so Rainer Fuchs, Chefkurator der mumok-Ausstellung "Naturgeschichten. Spuren des Politischen", in deren Rahmen die Installation des 1961 in New Bedford, Massachusetts geborenen Künstlers präsentiert wird.
Die Schau zeigt Werke, die die Vorstellung von Natur als geschichtsfreiem Raum unterlaufen. "Es geht nicht um eine romantisch-verklärte Sicht auf die Natur, sondern um politische, gesellschafts- und geschichtskritische Fragestellungen", sagte Karola Kraus, Direktorin des mumok, beim Pressegespräch am Freitag. Die Wechselbeziehungen zwischen Natur und Geschichte wie Kolonialismus, Widerstand im Rahmen totalitärer Systeme und kriegerische Angriffe, Menschenrechtsverletzungen sowie Veränderungen öffentlicher und historischer Orte durch natürliche oder gesteuerte Prozesse stünden im Mittelpunkt.
"Die Motivation, so eine Ausstellung zu gestalten, entspricht einer gewissen Abwehrhaltung gegenüber einem naturalisierten Geschichtsbild und einem ahistorischen Naturbild", erklärte Fuchs. Die Ausstellung setzt mit Arbeiten der Neoavantgarde ein, die die Rahmenbedingungen künstlerischer Produktion und Rezeption reflektieren und deren gesellschafts- und geschichtskritische Dimensionen mitdenken.
Werke österreichischer und internationaler Künstler von den 60er-Jahren bis zur Gegenwart, darunter Joseph Beuys, Marcel Broodthaers, Heimrad Bäcker, Hans Haacke, Mario Merz, Hélio Oiticica, Ingeborg Strobl oder die Künstlergruppen Sigma aus Rumänien und Oho aus Slowenien, werden im mumok gezeigt. Ein zweites Außenprojekt ist vor dem Museumseingang zu sehen: die Pflanzeninstallation "Drei Schwestern Korridor" von Christian Philipp Müller, die die Geschichte des Imports von Kulturpflanzen thematisiert.
Während der Ausstellungsdauer (bis 14. Jänner) organisieren NHM und mumok ein gemeinsames Vermittlungsprogramm. Der zweite Teil von "The Tar Museum" wird ab 17. Oktober in der Kuppelhalle des NHM präsentiert.
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