Fast hätte man ihn übersehen, wie er so als Kupferstichporträt in einem Durchgang hängt: Kaiser Franz Joseph I. als schneidig-gschmeidiger Jüngling, aber hochdekoriert, wohlgemerkt. Immerhin knapp 30 Jahre haben sich die Leben des späteren Kaisers und jenes von Erzherzog Johann überschnitten. In Sachen Lebensführung hätte man jedoch nicht weiter entfernt sein können. Während dem einen Sisi-Glamour, kaiserlicher Prunk und ein Weltkrieg anhaftet, gilt der andere als Innovator, dem der höfische Pomp mehr als nur zuwider war. Es kommt nicht von ungefähr, dass hier im Schloss Schenna bei Meran eine Replik jenes Gemäldes prominent platziert ist, das fast schon symbolhaft für Erzherzog Johann steht: Als junger Mann am Hochschwab in die Ferne blickend.

Der Habsburger mit dem Weitblick, das ist aufgelegt. „Man hat sehr früh begonnen, ihn zu verkitschen“, erklärt Karlheinz Wirnsberger, der derzeit im steirischen Schloss Stainz mit dem Aufbau eines Museums für den Erzherzog beschäftigt ist. Es ist eine Art Spurensuche, die eine Abordnung des Universalmuseums Joanneum nach Schenna gebracht hat: Dorthin, wo der Erzherzog begraben ist. Bei Steirern sorgt das gerne für Schnappatmung – der „steirische Prinz“ in Südtirol begraben? Ja, doch! Und geboren ist er übrigens in Florenz – eine fabelhafte Millionenshowfrage. Sein Einsatz für Tirol in den Napoleonischen Kriegen hatte für ihn ein Landesverbot zur Folge.

Statt Tirol wurde es die Steiermark, die von seinem Schaffensdrang profitierte: Innovationen in Landwirtschaft, im Bergbau, begeisterter Alpinist, Jäger, Europäer und natürlich Sammler – das Universalmuseum Joanneum trägt schließlich seinen Namen. Ein Unermüdlicher. Dabei möchte man sich beim erhöhten Blick vom Schloss auf das Tal eigentlich nur dem Müßiggang hingeben: Alles schießt ins Kraut, was dazu in der Lage ist, dazu Palmen, Zypressen und auf den umliegenden Berggipfeln liegt noch Schnee. Malerisch – es ist spielend leicht, hier in den Kitschmodus abzudriften. Für Johanna und Franz, Gräfin und Graf von Meran-Spiegelfeld, ist das Alltag. Sie wohnen und verwalten das Anwesen, geben Einblicke in die Lebenswelt von Erzherzog Johann und seiner Frau Anna. Ihr Schlafzimmer ist hier ebenso noch im Original zu sehen, wie der Rittersaal und Teile seiner enormen Sammelleidenschaft, darunter eine stattliche Anzahl von Waffen, die von dunkleren Zeiten erzählen: Hellebarden, Gewehre, ein Richtschwert. Vieles erzählt hier davon, was Vordenker für gewöhnlich antreibt: Das Wissen und Verstehen vergangener Zeiten, aber auch der Wunsch, sie zu überwinden, nicht im Stillstand zu verharren..

Letzteres muss für den Erzherzog wohl ein Graus gewesen sein, landauf, landab war der Workaholic zwischen seinen Wirkungsstätten unterwegs. Selbst Franz Graf von Meran-Spiegelfeld ist das ein Rätsel: „Man fragt sich, wann hat er überhaupt je geschlafen?“ Seine Frau Anna schrieb ihm bisweilen mahnend, wie Karlheinz Wirnsberger amüsiert erzählt: „Hansel, denk dran, du hast Frau und Kind!“ Wie man überhaupt hier in Schenna, wie auch im neuen Erherzog-Johann-Museum mit einigen Klischees aufgeräumt: Die romantische Geschichte von der unstandesgemäßen Postmeisterstochter, die den Erzherzog geheiratet hat. Dabei war Anna Plochl maßgeblich am Erfolg vieler Projekte beteiligt, so Wirnsberger: „Sie wird immer nur als das liebliche Mädchen hingestellt, aber im Hintergrund hat sie die Zügel fest in der Hand gehabt.“ Nicht nur das, sie dürfte auch Sinn für Humor gehabt haben, wie man ihrer Anrede für den Erzherzog in so manchem Briefwechsel entnehmen kann: „Mein lieber Alter, ...“ Eine Anrede, die gut und gerne auch von Kaiserin Sisi hätte stammen können.

1346 wurde mit dem Bau von Schloss Schenna begonnen
1346 wurde mit dem Bau von Schloss Schenna begonnen © Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
Das Mausoleum mit der Grabstätte von Erzherzog Johann und seiner Frau Anna
Das Mausoleum mit der Grabstätte von Erzherzog Johann und seiner Frau Anna © Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
Erzherzog Johann
Erzherzog Johann © Susanne Rakowitz
© Susanne Rakowitz
Rittersaal von Schloss Schenna
Rittersaal von Schloss Schenna © Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
Das Schlafzimmer von Erzherzog Johann und seiner Frau Anna
Das Schlafzimmer von Erzherzog Johann und seiner Frau Anna © Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
Graf Franz und Gräfin Johanna von Meran-Spiegelfeld
Graf Franz und Gräfin Johanna von Meran-Spiegelfeld © Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek