Was kommt dabei heraus, wenn man 241 Brasilianerinnen und Brasilianern im Alter von 18 bis 93 Jahren zu fiktiven Inseraten für ein nicht-verschreibungspflichtiges Schmerzmittel befragt? Zunächst einmal viel Aufschlussreiches über die Wirkung, die Werbung auf das Gesundheitsbewusstsein von Konsumenten haben kann.
Genauer gesagt ging es in der Forschungsarbeit der Kommunikationswissenschafterin Isabell Koinig um das „Self-Empowerment“ von Patienten – also ihre Befähigung, aktiv an gesundheitsbezogenen Entscheidungen teilzuhaben. Das erforschte sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen Sandra Diehl (AAU) und Barbara Mueller (San Diego State University). Warum gerade Brasilien als Forschungsfeld gewählt wurde, erklärt Koinig so: „Brasilien hat eine umfassende Gesundheitsreform hinter sich. Das Ergebnis ist ein höheres Gesundheitsbewusstsein der Brasilianerinnen und Brasilianer, das sich auch in einem gestiegenen Interesse an rezeptfreien Medikamenten äußert.“ Auf diesem fruchtbaren Boden fand die Forscherin also ein geeignetes Objekt für ihre Studie.
Erhebungen hat Koinig aber auch in Österreich, Deutschland und den USA durchgeführt, um die Werte vergleichen zu können. Ein Fazit dieser Gegenüberstellung: „Die Resultate weisen überall in eine sehr ähnliche Richtung. Es zeigt sich, dass gemischte Werbeanzeigen, die emotional und informativ aufgebaut sind, zum höchsten Empowerment bei Patienten führt“, sagt Koinig. Sind Medikamenten-Werbungen hingegen nur informativ oder nur emotional besetzt, hat das geringeren Einfluss auf die Selbstbestimmtheit der Patienten. Dieses Wissen ist vor allem für Pharmaunternehmen interessant, die jährlich Milliarden in ihr Marketing investieren.
Dementsprechend groß war die Aufmerksamkeit für diese Studie, als Koinig sie im Herbst im „International Journal of Advertising“ veröffentlicht hat. Die Autorin präsentierte ihre Studienergebnisse auch auf der angesehenen „World Self-Medication Industry“-Konferenz in Sydney und steht im Austausch mit österreichischen Gesundheitseinrichtungen.
Werbung müsse nicht immer mit bloßer Skepsis beäugt werden, ist eine der Botschaften aus Koinigs Forschungsarbeit: „Werden Informationen so aufbereitet, dass sie beim Kunden oder bei der Kundin ein Mehr an Wissen und damit Selbstbestimmung ermöglichen, profitieren Werbetreibende und Konsumenten.“