Als der deutsch-niederländische Psychoanalytiker Hans Keilson das Aufwachsen von minderjährigen Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg untersuchte, gelang ihm eine bahnbrechende Erkenntnis für die Traumaforschung: Nicht die Gewalt, die Kinder während des Krieges und der Flucht erleben, ist entscheidend für eine spätere Traumatisierung. Stattdessen liegt es an den Bedingungen in den Aufnahmeländern, wie ihr Lebensweg verläuft.
Diese 1979 veröffentlichte Studie könnte heute nicht aktueller sein. Staaten, Institutionen und Hochschulen sehen sich nach den Migrationsbewegungen der letzten Jahre vor enormen Herausforderungen – darunter die hohe Zahl an unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. „Die Keilson-Studie hat gezeigt, dass Kriegswaisen besonders dann ohne Traumata aus ihrer Kindheit gekommen sind, wenn sie im Moment nach der Flucht Essen, Kleidung und Zukunftsperspektive hatten. Genau solche Bedingungen müssen wir jetzt auch den unbegleiteten Minderjährigen in Kärnten bieten“, sagt Sozialpädagogin Ulrike Loch von der Alpen-Adria-Universität.
Gemeinsam mit Kollege Georg Gombos veranstaltete sie daher einen Fachtag, bei der Ende Juni rund 150 Experten aus dem Kinder- und Jugendbetreuungsbereich zusammenkamen, um über notwendige Verbesserungen für junge Migranten zu betraten. Über einen zentralen Punkt waren sich die Beteiligten einig: Bildung. „Die jungen Migranten sind in einer wichtigen Lebensphase. Wir müssen ihnen das Kinderrecht auf Bildung bestmöglich gewähren“, sagt Kinder- und Jugendanwältin Astrid Liebhauser, die den Fachtag unterstützte.