Schockstarre herrschte am Samstag bei Politikern im Land und im Bezirk. Lange hat man auf eine Antwort der EU betreffend Ausweisung der Natura-2000-Gebiete zum Schutz der Deutschen Tamariske gewartet. Jetzt ist es da, das Schreiben aus Brüssel, und es liegt 94 Seiten dick der Kleinen Zeitung vor. Die EU-Umweltgeneraldirektion unter der Leitung von Frank Vassen vermisst österreichweit ausreichend Schutzgebietsmeldungen. Tirol trifft das Schreiben wie eine Ohrfeige. Zum einen, weil rund 70 Nachnominierungen in Tirol eingemahnt werden, zum anderen, weil die Ausweisungen im Bezirk aus fachlicher (!) Sicht nicht genügen.
Was die EU noch stört: Es sei nur öffentliches Wassergut ausgewiesen worden. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) wettert in einer ersten Reaktion: „Die Europäische Union darf sich nicht wundern, wenn sich immer mehr Menschen mit Verwunderung bis Verärgerung von ihr abwenden.“ Und er setzt nach: „Die Menschen in den Regionen haben endgültig genug davon, dass Bürokraten an Brüsseler Schreibtischen alles im Leben bis ins kleinste Detail reglementieren wollen.“
Der Planungsverband Iseltal hat sich vehement für eine fachliche Ausweisung an den Gletscherbächen stark gemacht. Geworden ist es letztlich eine politische. Verbandsobmann Andreas Köll: „Ich sehe die Vorgangsweise des Planungsverbandes bestätigt. Für uns war immer klar, dass es laut geltendem EU-Recht keine Ausnahmen aus politischen, wirtschaftlichen und sozialen Gründen gibt.“ Sollte es zu einem Verfahren vor dem EuGH kommen, habe das Iseltal aufgrund wissenschaftlicher Fakten wieder gute Chancen.
Osttiroler Abgeordnete wettern
Für Landtagsabgeordneten Martin Mayerl (ÖVP) sind die Forderungen der EU unbegreiflich: „Alle Bemühungen, Osttirol als Lebens- und Wirtschaftsraum zu stärken und der Abwanderung der Menschen entgegen zu wirken, erleiden damit wieder einen herben Rückschlag.“ Nationalratsabgeordneter Gerald Hauser (FPÖ) moniert: „Ich lehne weitere Nachnominierungen ab. Die Nationalparkregion Osttirols darf nicht zu Tode geschützt werden.“ Pikantes Detail aus dem Schreiben: Man will Ausweisungen zum Tamariskenschutz auch am Villgraten- und am Debantbach.
Und was sagt Landeshauptmann-Stellverteterin Ingrid Felipe (Grüne)? "Dieses offensichtlich inoffizielle Schriftstück müssen wir uns erst ansehen und wir werden dann mit dem Koalitionspartner und den anderen Bundesländern die weitere Vorgangsweise abstimmen."