Um finanzielle Unsicherheiten rund um den Abgasskandal abzufedern, verhandelt Volkswagen nach Informationen aus Branchenkreisen mit verschiedenen Banken über Milliardenkredite. Dabei soll es um kurzfristige Darlehen von bis zu 20 Mrd. Euro als "Brückenfinanzierung" gehen.

Am Montag sei ein Treffen zwischen Vertretern von VW und mehreren Geldhäusern geplant, berichtete die Nachrichtenagentur "Bloomberg" unter Berufung auf Insider.

Der wegen der Affäre um manipulierte Abgaswerte in eine tiefe Krise gestürzte Konzern wollte sich am Wochenende offiziell nicht zu dem Thema äußern. Eine zusätzliche Kreditaufnahme muss nicht zwangsläufig auf einen akuten Finanzierungsengpass hindeuten - sie kann zum Beispiel auch dazu dienen, noch unklare Kostenschätzungen für die Zukunft oder die Rückzahlung bereits ausgegebener Anleihen abzusichern.

Höhere Zinskosten

Das Fachblatt "Automobilwoche" (Montag) meldete vorab, dass die Abgaskrise VW in den nächsten Jahren deutlich höhere Zinskosten einbrocken dürfte. Große Ratingagenturen hatten die Wolfsburger vor allem wegen der zuletzt kritisierten Konzernstrukturen abgestuft - für VW wird es damit teurer, neue Mittel am Kapitalmarkt aufzunehmen.

Jenseits der gefälschten Daten zum Stickoxid-Ausstoß bei Dieselwagen machen dem Autobauer auch falsche CO2-Angaben zu schaffen. Hiervon sind vor allem die neuesten Modelle betroffen, wie VW mitteilte. Mit 430.000 Fahrzeugen erstreckt sich konzernweit mehr als die Hälfte der etwa 800.000 Fälle geschönter Daten zu Treibhausgasemissionen auf das Modelljahr 2016. Diese Autos stehen teils schon bei den Händlern.

Stammbelegschaft noch nicht in Gefahr

Der Absatz der VW-Kernmarke schwächelt angesichts des parallelen Stickoxid-Skandals bei Dieselwagen weiter. Im Oktober verkaufte der Konzern 490.000 Autos seiner Hauptmarke - 5,3 Prozent weniger als vor einem Jahr. Markenchef Herbert Diess sieht aber noch keine Gefahr für Jobs in der Stammbelegschaft, wie er der Deutschen Presse-Agentur in einem Doppelinterview mit Betriebsratschef Bernd Osterloh betonte.

Trotz der schwierigen Lage habe man keine Verkaufsschwierigkeiten, sagte Osterloh auch in der "Süddeutschen Zeitung": "Wir haben im Moment vielleicht ein Dieselproblem, aber keine Absatzkrise. Jobs werden nur dann abgebaut, wenn wir weniger Autos verkaufen."

Seit Jahresbeginn wurden 4,84 Millionen VW-Wagen ausgeliefert, ein Minus von 4,7 Prozent im Vergleich zu 2014. Bei allen Konzernmarken betrug der Rückgang 1,7 Prozent auf 8,26 Millionen Autos. Weil zwischen der Bestellung und Auslieferung in Deutschland oft Monate liegen, könnte sich die Affäre jedoch später stärker in den Zahlen niederschlagen.

Trotz der immensen Kosten für den Abgas-Skandal will VW in der Kernbeschäftigung auf einen Stellenabbau verzichten. "Ich glaube schon, dass wir die Stammbelegschaft halten können", sagte Diess der dpa. Bei den Boni werde es aber Einbußen geben. Er betonte, man habe derzeit keine Hinweise darauf, dass neben den Abgas-Manipulationen und geschönten CO2-Angaben noch weitere Verfehlungen ans Licht kämen.

Osterloh warnte davor, die gesamte Belegschaft unter Generalverdacht zu stellen. Auf Einschnitte bei der Beteiligung am Gewinn müssten sich die Mitarbeiter aber gefasst machen. Zu den Leiharbeitern - von ihnen gibt es bei der Volkswagen AG in Deutschland gut 7.000 - wollte Diess noch keine Details nennen: "Bei der Übernahme von Leiharbeitern müssen wir sicher vorsichtig sein in der jetzigen Zeit."

Falsche CO2-Angaben bei neueren Modellen

Die falschen CO2-Angaben bei VW treffen vor allem die neuesten Modelle von Europas größtem Autobauer. Mit rund 430.000 Fahrzeugen erstreckt sich konzernweit über die Hälfte der etwa 800.000 Fälle geschönter Daten zum Ausstoß des Treibhausgases auf das Modelljahr 2016. Das teilte Volkswagen am späten Freitagabend in Wolfsburg mit. Diese Autos stehen teils schon bei den Händlern.

Geprüft werde, ob auch ältere Modelle mit zu niedrig angegebenen CO2-Werten unterwegs sind. Kunden können sich auf der Internetseite www.volkswagen.de/info informieren, ob ihr Auto betroffen ist.

Anfang November hatte VW - nach den im September bekanntgewordenen Fälschungen von Stickoxid-Werten - auch beim klimaschädlichen CO2 von "Unregelmäßigkeiten" berichtet. Behörden, Händler und Importeure würden nun über weitere Erkenntnisse informiert, hieß es. Unter Aufsicht des deutschen Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) sollen als einer der nächsten Schritte neue, korrekte CO2-Angaben festgelegt werden.

Lösung für 1,6-Liter-Motoren

Volkswagen will unterdessen am Montag eine technische Lösung für einen Teil der betroffenen Wagen vorstellen. Eine Gruppe von Wissenschaftlern und Experten aus dem deutschen Verkehrsministerium und vom Kraftfahrt-Bundesamt reise nach Wolfsburg und werde ein Testfahrzeug mit einem 1,6-Liter-Motor Probe fahren, berichtete der Rechercheverbund von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR. Volkswagen kündigte zudem Informationen für die Kunden von Autos mit falschen CO2-Angaben an.