"Wie kann Europa wieder zum Wachstum zurückfinden?" Zu dieser Frage trat Donnerstagabend in Wien der Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB), Werner Hoyer, auf. Die EIB spielt beim Investitionsplan für Europa ("Juncker-Plan") über den Investitionsfonds EFSI eine große Rolle. In den nächsten drei Jahren sollen hier Investitionen von 315 Milliarden Euro ausgelöst werden.

Insgesamt werden jährlich europaweit um 500 Milliarden Euro zu wenig investiert, warnte Hoyer vor Zuhörern im Finanzministerium. Er erinnerte, dass das Investitionsvolumen in Europa 2007 im Gefolge der Lehman-Pleite um 15 Prozent einbrach. Und danach sei es "nicht wieder hochgekommen, seither liegen wir auf diesem Niveau. Das hat Konsequenzen für das Wachstumspotenzial der europäischen Wirtschaft."

Der Juncker-Plan startet, wie schon bekannt, mit einer Kapitalbasis von 21 Milliarden Euro - 16 Milliarden als Garantiesumme von der EU und fünf Milliarden in Cash von der EIB selbst. Grund für die Initiative ist die geortete "Investitionslücke" in Europa.

Es gehe etwa um Forschung & Entwicklung und Innovationen. Selbst in den wirtschaftlich stärksten Ländern liege die F&E-Quote größtenteils deutlich unter dem Ziel von 3 Prozent. "Das ist eine dramatische Entwicklung", sagte Hoyer. Er rechnete die fehlenden Gelder im Einzelnen vor: Beim Verkehr seien es 50 Milliarden Euro, bei Breitbandnetzen und Rechenzentren 55 Milliarden, bei Abwasserprojekten 90 Milliarden. "Insgesamt gibt es 500 Milliarden Euro Investitionslücke in Europa pro Jahr."

Es gebe ein riesiges Problem, das mit der Vollendung des Binnenmarktes zusammenhänge. So fehle ein digitaler Binnenmarkt wie in den USA oder China, sagte der aus Deutschland stammende Hoyer, der auch Präsident des Instituts für europäische Politik ist und früher FDP-Politiker war.

Liquidität sei nicht das Problem, "wir ersaufen in Liquidität in Europa". Trotzdem gebe es ein massives Problem bei der Finanzierung vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Es gehe um mehr Risikofreude. Daher brauche es Risikoteilungsprojekte auf dem Markt. Dabei sei es ein Vorteil, dass der EFSI faktisch kein Fonds sondern eine Garantie-Fazilität und von der EIB organisiert sei. Der sogenannte Fonds - mit Ex-ÖVP-Chef und -Vizekanzler Wilhelm Molterer als Chef - werde nach noch wenigen offenen Organisationsfragen "in den nächsten Wochen voll handlungsfähig sein". "Es geht um die Selbstbehauptung der Europäer in der Globalisierung", sagte Hoyer.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) sagte vor zahlreichen Gästen im Ministerium im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Finanz im Dialog", dass die Zusammenarbeit der europäischen Länder mit der EIB ausgezeichnet funktioniere. Dass sein Vorgänger als Finanzminister, Molterer, dort Vizepräsident war und nun die neue Position übernimmt, "das hilft".