Die Ratingagentur Moody's hat angesichts der Ausweitung des Abgas-Skandals die Bewertung von Volkswagen herabgestuft. Wie Moody's am Mittwoch in London mitteilte, reagiere man mit dem Schritt auf die wachsenden Risiken, die mit der Affäre für den Autobauer verbunden seien. Der weitere Ausblick sei zudem negativ.

Die Herabstufung folge der Mitteilung von Europas größtem Autobauer, dass es neben den bereits bekannten Diesel-Manipulationen auch bei rund 800.000 weiteren Fahrzeugen Abweichungen bei Verbrauchs- und CO2-Werten gegeben habe. Die Ratingagentur senkte die Note für die langfristige Bonität des Konzerns von A2 auf A3.

Kosten in Milliardenhöhe

Wegen falscher Angaben beim CO2-Ausstoß und damit auch beim Spritverbrauch drohen dem Autokonzern weitere Kosten in Milliardenhöhe. Damit Autobesitzer von drohenden höheren Steuerzahlungen verschont bleiben, bereitet die deutsche Bundesregierung eine gesetzliche Regelung vor.

VW sei in der Verantwortung und in der Pflicht, den entstandenen Schaden für die Kunden zu beheben, sagte der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Mittwoch im Deutschen Bundestag. Am CO2-Ausstoß hängt bei Pkw mit Erstzulassung ab 1. Juli 2009 auch die Kfz-Steuer.

An der Börse reagierte die VW-Aktie mit einem dramatischen Kursverfall. Das Papier sackte an der Frankfurter Börse zeitweise um mehr als 10 Prozent ab.

Unter den 800.000 Fahrzeugen mit falschen CO2-Werten bei Volkswagen sind nach Angaben Dobrindts auch 98.000 Benziner. Damit sind erstmals seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals Mitte September nicht mehr nur Diesel betroffen. Bisher ging es um Millionen Dieselautos und Werte zum gesundheitsschädlichen Stickoxid, diesmal um den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2).

Steuerhinterziehung?

"In der Summe sind in Deutschland von den in Rede stehenden 800.000 Fahrzeugen rund 200.000 Fahrzeuge auf der Straße", sagte Verkehrsminister Dobrindt am Mittwoch in Berlin. "Wir gehen davon aus, dass es in diesen Fällen dazu kommt, dass die Kfz-Steuer angepasst werden muss", ergänzte er. "Wir arbeiten an einer Gesetzgebung, die dafür sorgt, dass nicht der Kunde durch diese Mehrkosten belastet wird, sondern der Volkswagen-Konzern", kündigte Dobrindt am Mittwoch im Bundestag an.

Dobrindt sagte, für die betroffenen Modelle müssten nun unter Aufsicht des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) neue Prüfwerte ermittelt werden. VW habe auf eine Aufforderung hin zugesagt, umgehend ein Kundenzentrum als Anlaufstelle einzurichten. "Sowohl das Vorgehen, das zu diesen Ergebnissen geführt hat, als auch die Ergebnisse selber sind inakzeptabel".

Wenn CO2-Werte wie zu erwarten nach oben korrigiert werden müssten, habe dies Auswirkungen auf die Kfz-Steuer, sagte Dobrindt. "Das gilt auch rückwirkend." In Abstimmung mit dem deutschen Finanzministerium arbeite sein Ressort daher "an einer Gesetzgebung, die dafür sorgt, dass nicht der Kunde durch diese Mehrkosten bei der Kfz-Steuer belastet wird, sondern der Volkswagen-Konzern." Die Grünen-Steuerexpertin und Bundestagsabgeordnete Lisa Paus sagte: "Es sieht danach aus, dass VW sich durch zu niedrig angegebene CO2-Werte der Steuerhinterziehung schuldig gemacht."

VW drohen EU-Strafen

Die Ursache der abweichenden CO2-Werte war zunächst unklar. Dobrindt sagte: "Das, was wir hier zur Zeit erleben in der Frage der CO2-Messungen kann darauf zurückzuführen sein, dass man während der Testverfahren Manipulationen beispielsweise am Öl- oder am Reifendruck vorgenommen hat." Auch mit künftigen internationalen Standards solle so etwas besser auszuschließen sein

VW hatte am Dienstag mitgeteilt, es gebe "Unregelmäßigkeiten" beim CO2-Ausstoß. Dabei geht es um die Modelle Polo, Golf, Passat, Audi A1 und A3 sowie Skoda Octavia und Seat Leon und Ibiza. Wie hoch der gemessene CO2-Ausstoß über den offiziellen Werten liegt, sagte ein VW-Sprecher nicht. Auch andere Fragen blieben offen - etwa, in welchen Ländern wie viele Fahrzeuge betroffen sind.

Kosten von zwei Milliarden Euro?

Volkswagen taxierte die wirtschaftlichen Risiken der falschen CO2-Angaben in einer ersten Schätzung auf rund 2 Mrd. Euro. Bereits wegen der Abgas-Manipulationen bei den Stickoxid-Werten hatte VW vor allem für Rückrufe mehr als 6,5 Mrd. Euro zurückgelegt. Schätzungen zufolge aber dürfte die Affäre deutlich teurer werden.

Wegen der falschen CO2-Werte könnten Volkswagen auch EU-Strafen drohen. Bevor die EU-Kommission über mögliche Geldstrafen entscheide, müssten aber erst die Fakten geklärt werden, erläuterte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde. Seit 2012 gibt es für die Autohersteller CO2-Grenzwerte, die sie im Durchschnitt ihrer gesamten Flotte einhalten müssen. Wenn diese nicht erfüllt werden, können Strafzahlungen fällig werden.

Audi stoppt Verkauf in den USA

Nach den neuen Vorwürfen der US-Behörde EPA hat Volkswagen indes den Verkauf der betroffenen Modelle in Nordamerika gestoppt. Es gehe um den Porsche Cayenne, die Audis Q5, Q7, A6, A7 und A8 sowie um den VW-Touareg, insofern sie die fraglichen Dieselmotoren mit sechs Zylindern und 3,0 Liter Hubraum haben, sagte ein Konzernsprecher am Mittwoch. Zur Zahl der nun bei den Händlern stehenden Fahrzeugen mit Verkaufsverbot konnte er nichts sagen. Zuvor hatte bereits ein Audi-Sprecher den Stopp für die Nobelmarke mitgeteilt.

Der Verkaufsstopp sei freiwillig und vorübergehend. Die EPA wirft VW vor, bei den betroffenen Dieseln verbotene Software zu nutzen. Der Konzern bestreitet, dass die Programme Abgaswerte unzulässig ändern.

BMW und Daimler beruhigen

Unterdessen schloss Daimler Unregelmäßigkeiten bei den CO2-Werten seiner Fahrzeuge aus, wie ein Sprecher sagte. Ein BMW-Sprecher sagte: "Grundsätzlich gilt: Bei der BMW Group wird nicht manipuliert, und wir halten uns selbstverständlich in jedem Land an die gesetzlichen Vorgaben und erfüllen alle lokalen Testvorgaben."