Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat in einer Entscheidung zur Zulässigkeit der "Facebook Sammelklage" dem Datenschutzaktivisten Max Schrems nach dessen Angaben in 20 von 22 Punkten Recht gegeben und die Einwände von Facebook abgewiesen, dass die Gerichte in Wien unzuständig wären. Allerdings kann der Kläger laut OLG keine anderen Privatnutzer im Rahmen einer Sammelklage vertreten.
Schrems hatte gegen eine erstinstanzliche Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen berufen, das die Klage gegen das US-Unternehmen wegen angeblicher Verstöße gegen den Datenschutz aus formalen Gründen für unzulässig erklärt hatte. Der Klage hatten sich mehr als 25.000 User des sozialen Netzwerks angeschlossen.
Keine inhaltliche Entscheidung
Über den Inhalt der Klage, also die konkreten Datenschutzverstöße, wurde den Angaben zufolge nicht entschieden, da das Gericht die Fragen der Zulässigkeit und Zuständigkeit - also die prozessrechtlichen Voraussetzungen - vom eigentlichen Inhalt der Klage trennte.
Das OLG stellte fest, dass Schrems zu Recht am Landesgericht Wien Klage gegen Facebook eingebracht hat, da er als Verbraucher an seinem Heimatgerichtsstand klagen kann. Facebook argumentierte, dass der Kläger die Klage "beruflich" betreibe. Diese Ansicht wies das Oberlandesgericht nun zurück.
In dem im Frühsommer ergangenen schriftlichen Urteil erster Instanz hatte die Richterin festgehalten, dass der Kläger das "weltweite Medieninteresse an seinem Vorgehen gegen die Beklagte mittlerweile auch beruflich" und seinen Facebook-Account damit kommerzielle nutze. Damit gelte er nicht als Verbraucher und könne nicht an seinem Wohnsitz klagen. Zuständig wären vielmehr irische Gerichte. In dem Land hat Facebook seinen EU-Sitz.
Das Oberlandesgericht habe die ordentliche Revision zum Obersten Gerichtshof in diesen Punkten nicht zugelassen, hieß es in einer Aussendung des von Schrems gegründeten Vereins "Europe versus Facebook". Das Unternehmen werde sich daher vor einem österreichischen Gericht verantworten und nun öffentlich erklären müssen, wie die Facebook-Datenschutzrichtlinien, das Verfolgen von Nutzern auf anderen Webseiten oder die Kooperation mit der NSA unter EU-Recht legal sein könnten. Darüber hinaus werde Facebook Rechnung legen müssen über Einkünfte durch illegale Datennutzung.
"Ich bin glücklich mit der Entscheidung, die auch mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht mehr bekämpfbar ist. Facebooks Kampagne, mich hier als 'beruflich tätig' hinzustellen, wurde vom Gericht klar verworfen. Die österreichischen Gerichte werden sich daher auf jeden Fall mit Facebooks Tätigkeiten auseinandersetzen müssen", erklärte Max Schrems.
Entscheidung wohl erst vor EU-Gericht
Der Datenschutzaktivist kann laut Oberlandesgericht jedoch keine anderen Facebook-User vertreten. Nach Ansicht der Richter geht nämlich die Verbrauchereigenschaft unter, sobald ein Anspruch von einem Verbraucher auf einen anderen übergeht. Gleichzeitig habe das OLG jedoch festgestellt, dass es zur Frage der "internationalen Sammelklage" noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) gibt und zu diesen beiden Punkten ausdrücklich einen ordentliche Revisionsrekurs an das Höchstgericht erlaubt.
"Wir haben von Beginn an gesagt, dass diese Frage der Sammelklage beim OGH oder eventuell sogar erst beim Europäischen Gerichtshof entschieden wird", erklärte Schrems. "Die Meinung von Facebook, dass ein Verbraucher seine Rechte verliert, wenn er seine Ansprüche einem anderen Verbraucher übergibt, entbehrt jeder Logik. Es wird also spannend, wie das am Ende entschieden wird. Das Oberlandesgericht hat zu den Argumenten beider Seiten auch nicht viel gesagt und hat es praktisch dem OGH überlassen, hier zu entscheiden. Wir haben jetzt jedenfalls mal den ersten Fuß in der Türe und werden sehen, was der OGH zu den weiteren Füßen sagt", so der Datenschutzaktivist.
In Sachen Schrems gegen Facebook ist erst am Dienstag eine andere Entscheidung ergangen. Der High Court in Dublin ordnete eine Untersuchung der Facebook-Datentransfers in die USA unter dem Aspekt des Datenschutzes durch die Datenschutzkommission des Landes an.