Der US-Internetgigant Amazon will jetzt offenbar auch den Online-Handel mit Lebensmitteln in Deutschland durcheinanderwirbeln. Das Geschäft spielt bisher noch eine untergeordnete Rolle.

Der Online-Handel hat in den vergangenen Jahren eine Branche nach der anderen umgekrempelt - vom Elektronikmarkt bis zur Modeszene. Doch eine Branche zeigte sich bisher weitgehend resistent gegen die Konkurrenz aus dem Internet: der Lebensmittelhandel. Der Internetriese Amazon will das jetzt offensichtlich ändern und Supermarktketten verstärkt Konkurrenz machen.

In diesem Monat startete der US-Konzern in Deutschland den Lebensmittel-Lieferservice Pantry. Kunden des Amazon-Abo-Services Prime können sich damit haltbare Lebensmittel, Waschmittel, Pflegeprodukte oder Tiernahrung in haushaltsüblichen Mengen direkt an die Türe liefern lassen. Und Experten rechnen schon bald mit den nächsten Schritten des Internetriesen auf dem Lebensmittelmarkt.

Amazon als Nachzügler

Schließlich ist ein Milliardenmarkt zu verteilen. Zwar liegt der Online-Anteil im Lebensmittelhandel nach einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Deutschland gerade einmal bei 1,2 Prozent. Doch man darf sich von der kleinen Zahl nicht täuschen lassen. Denn unter dem Strich bedeutet das, dass die Deutschen im Jahr rund 2,6 Mrd. Euro für Lebensmittelkäufe im Internet ausgeben. Und nach einer Prognose der GfK dürften Lebensmittel und Drogeriewaren in Zukunft zu den stärksten Wachstumstreibern im Online-Handel gehören.

Amazon ist nicht allein auf diesem Markt. Im Gegenteil: Mit ihrem Angebot sind die Amerikaner eher ein Nachzügler. Rewe bietet heute schon in 72 Städten Deutschlands die Möglichkeit, Ware online zu bestellen und an die Tür geliefert zu bekommen - und offeriert dabei im Gegensatz zu Amazon nicht nur haltbare Produkte, sondern auch frisches Fleisch, Obst und Gemüse oder Tiefkühlpizza.

Billa und Unimarkt in Österreich

Auch in Österreich ist Rewe mit Billa und Merkur in den Onlinehandel mit Lebensmitteln eingestiegen. Billa kündigte vor Kurzem eine Offensive an und gab das Ziel aus, Marktführer in Österreich werden zu wollen. Konkurrent ist die oberösterreichische Pfeiffer-Gruppe, die im Herbst 2014 mit den Unimarkt-Filialen ins Onlinegeschäft eingestiegen ist. Partner von Unimarkt ist die österreichische Post, die die Lebensmittel nach Hause bringt. Der Spar-Konzern in Österreich hat bis jetzt immer betont, beim Onlinehandel abwarten zu wollen.

Edeka in Deutschland geht das Thema zwar etwas vorsichtiger an. Doch dafür ist die Post mit ihrem Online-Supermarkt Allyouneedfresh.de umso aktiver. Die Drogeriemarktkette dm verkauft ihre gesamte Produktpalette im Internet. Und auch viele Newcomer wie lebensmittel.de oder Emmas Enkel versuchen sich Marktanteile zu sichern.

Angst vor Amazon

Dennoch blickt die Branche mit großer Aufmerksamkeit auf den US-Giganten. Denn alle wissen, wenn Amazon mit seinen Datenschätzen über die Kundenvorlieben, seinem Logistik-Know-how, dem angesammelten Kundenvertrauen und seiner Marktmacht auf den Plan tritt, kann dies die Spielregeln drastisch verändern. Amazon ist einerseits ein furchterregender Konkurrent für viele Wettbewerber. Andererseits kann der Riese aber vielleicht auch dem Online-Handel mit Lebensmitteln insgesamt zu größerer Beliebtheit verhelfen.

Das neue Angebot Amazon Pantry passt nach Einschätzung des Geschäftsführers des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), Kai Hudetz, in die Gesamtstrategie des US-Konzerns. "Amazon entwickelt sich immer mehr zum Rundumversorger für alles, was notwendig ist, aber keine großen Emotionen beim Einkauf weckt", meint er. Gerade bei lästigen Alltagsprodukten wie Sprudelkisten, Katzenstreu oder Waschmittel könne das Unternehmen "mit seiner Logistikkompetenz und seiner Serviceorientierung den etablierten Handelsketten Marktanteile abnehmen".

Frische Lebensmittel

Doch auch die nächsten Schritte von Amazon scheinen schon vorprogrammiert. Zwar schweigt sich der Internetriese selbst zu den Zukunftsplänen im Lebensmittelhandel aus. Nach Informationen des Fachblatts "Lebensmittel Zeitung" treibt das Unternehmen aber die Vorbereitungen für den Start des Lebensmittel-Lieferdienstes Amazon Fresh in Deutschland zügig voran. Schon im nächsten Jahr könnte der US-Gigant demnach zumindest in einigen Großstädten auch Frische-Sortimente wie Obst und Gemüse, Fleisch oder Fisch bis an die Haustür liefern.

Zalando macht mehr Umsatz

Auch bei Online-Konkurrent Zalando tut sich etwas. 2015 sei mit einem Umsatzanstieg von 33 bis 35 Prozent zu rechnen, teilte Europas größter Online-Modehändler mit. Der höhere Umsatz wird sich allerdings nicht im Ergebnis widerspiegeln. Die Prognose für die Marge im Gesamtjahr senkte Zalando auf drei bis vier Prozent. Zuvor hatte der Online-Händler 4,5 Prozent angestrebt. Als einen Grund nannten die Berliner höhere Marketingkosten.