Fallende Kurse, aber keinen Crash - das erwarten Börsenkenner als Reaktion der Märkte auf das Griechenland-Drama vom Wochenende. Schon bald dürfte sich der Blick auf die für nächsten Sonntag (5.7.) geplante Volksabstimmung in Griechenland richten, meinen Ökonomen.

Schließlich haben die Europartner trotz des Zerwürfnisses bei den Verhandlungen über Hilfen bekräftigt, dass sie Griechenland im gemeinsamen Währungsraum halten wollen.

Entscheidend wird sein, ob es Athen gelingt, die Banken des Landes zu stabilisieren, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) die Notkredite für die ausblutenden Institute am Sonntag bei rund 90 Milliarden Euro eingefroren hat.

"Kursverluste, aber kein Crash"

"Es wird Kursverluste geben, aber keinen Crash", prognostizierte Robert Halver von der Baader Bank am Sonntag im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Beim deutschen Leitindex Dax sei nach ersten Rückschlägen am Montag im Tagesverlauf sogar schon wieder eine Gegenbewegung möglich. Anders als im Herbst 2008 nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers seien die Marktteilnehmer dieses Mal vorbereitet, argumentiert Halver.

Experten sehen überwiegend keine Gefahr, dass eine Staatspleite Griechenlands und ein möglicherweise folgender Austritt des Landes aus dem Euroraum ("Grexit") einen Flächenbrand im Finanzsektor auslösen könnte. Die meisten Investoren haben dem Land den Rücken gekehrt. Die deutschen Banken etwa haben sich weitgehend zurückgezogen. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret sagte kürzlich, sie hätten in ihren Büchern nur noch Forderungen von 2,4 Milliarden Euro gegenüber griechischen Banken, Unternehmen und dem Staat.

"Da das Thema Grexit auf der politischen Ebene zumindest teilweise seinen Schrecken verloren hat, halten wir es für wahrscheinlich, dass die Folgen eingegrenzt werden können", sagte Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), dem "Tagesspiegel" (Montag).

Märkte mit "üblicher Nervosität"

Die Aktien- und Anleihenmärkte dürften am Montag "mit der üblichen Nervösität auf den Nachrichtenfluss aus Griechenland reagieren", schreibt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die entscheidende Frage sei, wie die Volksabstimmung zu Sparmaßnahmen am Sonntag ausfallen werde. "Erst der Ausgang der Volksabstimmung entscheidet endgültig über die Mitgliedschaft Griechenlands in der Währungsunion", analysiert Krämer. "Wenn die Griechen sich für eine Kompromisslösung entscheiden, wird die Staatengemeinschaft dieses demokratische Votum nicht übergehen können und wieder verhandeln."

Das aktuelle Hilfsprogramm für Griechenland läuft an diesem Dienstag (30.6.) aus. Am selben Tag muss Athen rund 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückzahlen. Ohne weitere Rettungsgelder droht dem Land die Pleite.

"Fünf Sekunden vor zwölf"

"Es ist fünf Sekunden vor zwölf und eben dies werden die Märkte am Montag wohl mit einem satten Abschlag quittieren", sagte Marktstrategin Sarah Brylewski vom Handelshaus Ayondo am Sonntag. Der politische Wille, Griechenland in der Eurozone zu halten, bestehe aus ihrer Sicht aber weiterhin: "Sowohl EZB als auch IWF halten die Tür einen Spalt breit geöffnet."