In Österreich ist die Privatverschuldung neuerlich um fünf Prozent angewachsen. Laut aktuellen Zahlen des Kreditschutzverbands KSV 1870 haben in den ersten sechs Monaten 2015 des laufenden Jahres 4.459 Österreicher den Privatkonkurs angemeldet. Wien ist mit einem 43-Prozent-Anteil die Hochburg in der privaten Überschuldung. Ein Drittel der Privatkonkurse sind ehemalige Unternehmer.

Die Pro-Kopf-Verschuldung der ehemaligen Unternehmer beträgt 275.000 Euro, bei "echten" Privaten liegt die Verschuldung bei durchschnittlich 55.000 Euro. Wie der Kreditschutzverband heute, Donnerstag bei der Vorstellung der Zahlen präzisierte, liege der Medianwert der "echten" Privatkonkurse aber deutlich niedriger, nämlich bei 33.000 Euro pro Kopf. Insgesamt hat sich das Schuldenvolumen bei den Privatkonkursen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um sechs Prozent erhöht.

Steiermark: Wenig Privatkonkurse

Im Bundesländervergleich schneidet Wien bei einer elfprozentigen Zunahme bei den Privatkonkursen am Schlechtesten ab. Wien hat traditionell einen Anteil von rund 40 Prozent bei den Privatpleiten. In Niederösterreich wurden um ein Viertel mehr Privatpleiten gemeldet als noch ein Jahr zuvor, wobei Hans-Georg Kantner, Leiter der Abteilung Insolvenz beim Kreditschutzverband betonte, dass sich die Zunahme in Niederösterreich auf sehr niedrigem Niveau abspiele. Die Steiermark mit vielen Industrieansiedlungen und Exportunternehmen hat österreichweit die wenigsten Privatkonkurse vorzuweisen, die aktuellen Zahlen sind weiter gesunken.

Firmenpleiten rückläufig

In Österreich gab es im ersten Halbjahr um 10 Prozent weniger Firmeninsolvenzen. Grund zum Jubeln ist es jedoch keiner. Die historisch niedrige Zinslage aufgrund der Wirtschaftsflaute wirke auf viele Unternehmen wie ein "Sauerstoffzelt", warnt der Kreditschutzverband. Bei anziehender Wirtschaftslage und steigenden Zinsen seien sie die ersten, die in die Insolvenz schlittern würden.

In den ersten sechs Monaten 2015 haben insgesamt 2.537 Unternehmen Insolvenz angemeldet, ein Minus von 10,3 Prozent, gab der Kreditschutzverband KSV 1870 am Donnerstag auf einer Pressekonferenz bekannt. Ihre Schuldenlast beträgt 811 Mio. Euro, deutlich weniger als noch im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Damals betrug die Schuldenlast der Pleiteunternehmen über eine Milliarde Euro. Heuer haben die insolventen Firmen also über 25 Prozent weniger Schulden angehäuft. Für die Experten ein Indiz, das deutlich mehr Klein- und Mittelunternehmen in die Pleite gerutscht sind. Waren in der Vorjahresperiode 11.300 Mitarbeiter von Insolvenzen betroffen, sind es heuer 8.800 Mitarbeiter.

Drei Großpleiten

Im ersten Halbjahr gab es nur drei größere Firmenpleiten. Besorgniserregend sei aber, dass alle drei Unternehmen aus dem Konsumgüterbereich stammen, so der KSV. Dazu gehörte die Ring-Bäckereigruppe mit acht Unternehmen, 500 Mitarbeitern und einer Insolvenzsumme von 22 Mio. Euro, gefolgt vom Fertigteilhaushersteller Hanlo und einem Bekleidungsunternehmen. Traditionell seien "die üblichen Verdächtigen" bei Insolvenzen in den Bereichen Bau und Tourismus zu finden. Diesmal sei dies anders.

Mittlerweile würden alle Branchen an der "zögerlichen Kaufneigung" der Verbraucher leiden, betonte Hans-Georg Kantner, Leiter der Abteilung Insolvenz beim Kreditschutzverband. Die Österreicher seien aber nicht nur bei privaten Ausgaben vorsichtig und müssen den Gürtel enger schnallen. Auch die Unternehmen würden sich vor Investitionen scheuen, so Kantner. Bei einem Anspringen der Wirtschaft müsse daher mit einem "Nachholeffekt" bei den Firmenpleiten gerechnet werden.