US-Präsident Barack Obama und Russlands Staatschef Wladimir Putin haben sich beim ihrem ersten offiziellen Treffen seit mehr als zwei Jahren noch nicht auf ein gemeinsames Vorgehen zur Beendigung des Blutvergießens in Syrien einigen können. Während ihres Gesprächs am Rande der UNO-Vollversammlung seien keine konkreten Schritte vereinbart worden, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow.

Es gebe allerdings "Spielraum für weitere Gespräche", fügte Lawrow am Dienstag hinzu. Sein US-Amtskollege John Kerry sieht ebenfalls eine Einigung der beiden Staaten bei gewissen Grundsatzfragen. "Wir stimmen überein, dass Syrien ein geeintes Land bleiben muss, dass es weltlich sein soll, dass dem Islamischen Staat entgegengetreten werden muss und dass ein geordneter Übergang benötigt wird", sagte Kerry am Dienstag dem Sender MSNBC. Allerdings bestünden noch Differenzen darüber, wie das Land nach dem Übergang aussehen solle. Kerry will nach eigenen Angaben am Mittwoch mit Lawrow sprechen.

Assad bleibt Hauptstreitpunkt

Hauptstreitpunkt ist das Schicksal des von Russland unterstützten syrischen Machthabers Bashar al-Assad, dem Obama den Tod Hunderttausender Menschen vorwirft. Obama forderte deshalb vor der UNO-Vollversammlung, dass der syrische Machthaber nach einer Übergangszeit durch einen neuen Führer ersetzt wird. "Nach so viel Blutvergießen und Gemetzel können wir nicht einfach zum Status quo zurückkehren", sagte der Präsident.

Putin lobte dagegen in seiner Rede Assad als Bollwerk im Kampf gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS), die weite Teile Syriens und des Iraks besetzt hat. Russland gehe es gar nicht in erster Linie um die Zukunft Assads, sondern es wolle die Zerstörung des Nahen Ostens durch Terroristen stoppen, deutete Lawrow Kompromissbereitschaft an.

90 Minuten in New York

Obama und Putin hatten zuletzt im November 2014 in Peking wenige Minuten miteinander gesprochen. Das letzte offizielle Treffen fand im Juni 2013 während des G-8-Gipfels in Nordirland statt. In New York sprachen die beiden Präsidenten nach Angaben eines US-Regierungsbeamten 90 Minuten lang miteinander - die erste Hälfte über die Ukraine-Krise und die zweite über Syrien. "Im Fall Syriens sind die beiden Seiten grundsätzlich anderer Meinung, welche Rolle Syriens Präsident Bashar al-Assad bei der Beilegung des Bürgerkrieges spielen wird", sagte er.

Nach dem Treffen mit Obama äußerte sich Putin vorsichtig optimistisch. "Die heutige Diskussion war sehr bedeutsam, formell und überraschend offen", sagte er Reportern. "Wir haben viele Gemeinsamkeiten gefunden, aber es gibt auch viele Differenzen." Zugleich beklagte er, dass sich die Beziehungen zu den USA auf einem Tiefpunkt befänden. Das sei aber nicht Russlands Schuld: "Wir sind immer bereit an unserem Verhältnis zu arbeiten und es ganz wiederherzustellen".

Syrien muss souverän bleiben

Lawrow sagte, die USA würden zwar Russlands Unterstützung für Assad kritisieren. Aber auch den USA gehe es um ein souveränes Syrien. Der Kampf gegen den Terror müsse von politischen Reformen flankiert werden. "Auf dieser Basis können wir zusammenarbeiten."

Der Chefdiplomat berichtete von einem "sehr positiven Gespräch". Auch Kerry beschrieb das Treffen als "konstruktiv und sehr offen". Ansonsten drang über die Atmosphäre des Treffens zunächst kaum etwas an die Öffentlichkeit. Sie sei kühl gewesen, meinten einige Beobachter. US-Medien befassten sich deshalb sogar mit der Frage, ob sich die Gläser Obamas und Putins beim Zuprosten denn nun berührt hätten. Sie hatten, stand nach einigem Hin und Her fest.

Einem Sprecher des Weißen Hauses zufolge sehen die USA die russische Aufrüstung in Syrien nicht unbedingt als Problem. Solange damit der IS und nicht das eigene Volk bekämpft werde, sei das hinzunehmen. Das Treffen sei produktiv gewesen.

Ehrliches Interesse beider Seiten

Ein Beobachter wurde mit den Worten zitiert: "Hier ging es nicht darum, den anderen zu übertrumpfen. Beide Seiten hatten offenbar ein Interesse daran, einen Weg zu finden, wie man am besten in der Syrien-Krise vorgeht." So sei vereinbart worden, dass sich die Armeen beider Seiten über ihr Vorgehen gegen die Terrorallianz austauschen.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach sich dafür aus, auch den Iran in die Friedensbemühungen einzubinden. "Der Iran ist ein zentraler regionaler Akteur, der für eine Lösung gebraucht wird", sagte er in New York. "Nur wenn wir jetzt alle wichtigen Akteure an einen Tisch holen, können wir es schaffen." Teheran ist neben Russland einer der wichtigsten Unterstützer Assads.

Für eine Einbindung Assads sprachen sich auch Bundespräsident Heinz Fischer und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) aus. Alle "Player" müssten an eine Tisch gebracht werden, so Kurz und Fischer am Rand der UNO-Generalversammlung in New York am Montagabend.

Nach den USA und anderen Staaten wie zuletzt Frankreich erwägt nun auch Russland Luftschläge gegen den IS. "Wir denken darüber nach", sagte Putin. Bodentruppen werde sein Land aber nicht einsetzen.