Ein bisschen wirkt das Ganze wie ein Catwalk der Weltdiplomatie. Wenn ab Montag Vertreter aus 193 Ländern der Erde bei der UN-Generaldebatte das Wort ergreifen, verwandelt sich das Hauptquartier der Vereinten Nationen am New Yorker East River wieder in einen außenpolitischen Laufsteg.

Obwohl es wie jeden Herbst keine bindenden Beschlüsse geben kann, ist das Plenum der 1945 geschaffenen Organisation bis heute von Brisanz. Zentrale Fragen:

Was ist die UN-Generaldebatte?

Die etwa einwöchige Debatte bildet den Auftakt zur ein Jahr dauernden Sitzungsperiode der Vollversammlung, in der alle 193 Mitgliedstaaten vertreten sind. Unabhängig von seiner Bevölkerungszahl oder Größe hat jeder Staat in diesem Plenum eine Stimme. In der Debatte erhält jeder Staat 15 Minuten Redezeit, die allerdings gern überzogen wird: Kubas Präsident Fidel Castro sprach 1960 viereinhalb Stunden. Selbst wenn alle sich an die Spielregeln halten, werden insgesamt fast 50 Stunden lang politische Positionen in die Welt gesetzt.

Wer sind die wichtigsten Redner?

Mit Spannung erwartet werden die Reden der Präsidenten der USA und Russlands, Barack Obamaund Wladimir Putin. Ebenso beachtenswert dürften die Ansprachen ihrer Kollegen aus der Ukraine und China, Petro Poroschenko und Xi Jinping werden. Letzterer feiert Premiere bei der Generaldebatte. Dasselbe gilt für den kubanischen Präsidenten Raúl Castro, der zum ersten Mal seit 1959 den Boden der USA betritt. Etwa 130 der 193 Ländern schicken ihre Staats- oder Regierungschefs, Deutschland lässt sich wie üblich vom Außenminister vertreten. Und das, obwohl Bundeskanzlerin Angela Merkel bis Sonntag zum UN-Gipfel über die Nachhaltigkeitsziele selbst in der Stadt war. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) wird am Donnerstag für Österreich das Wort ergreifen.

Um welche Themen drehen sich die Reden?

Um alle. Mangels inhaltlicher Vorgaben können die Redner sprechen, worüber sie wollen. Im Fokus stehen dürften vor allem der Syrienkrieg und die damit verbundene Flüchtlingskrise in Nahost und Europa, der Kampf gegen Terrorgruppen wie den Islamischen Staat (IS) und Boko Haram sowie die ungelöste Krise in der Ukraine. Auch das Atomabkommen mit dem Iran und der Konflikt Israels mit den Palästinensern dürften Thema werden.

Wird es bindende Beschlüsse geben?

Nein. Die Vollversammlung kann nur Resolutionen verabschieden, die rechtlich keine bindende Wirkung haben. Weil sie trotzdem politisches Gewicht haben und die Staatslenker sich zudem abseits des Plenarsaals treffen, bleibt die Debatte einer der wichtigsten politischen Termine des Jahres. Sie beeinflusst auch, welche - bindenden - Resolutionen im Sicherheitsrat in die Wege geleitet werden. Außerdem geht es im Plenum um UN-interne Fragen wie Budgets, den nächsten Generalsekretär und die nicht-ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat.

Bleibt es bei dem einen Treffen?

Nein, die Vollversammlung setzt ihre Arbeit in sechs Ausschüssen über das Jahr fort. Diese sind thematisch um Themen wie Abrüstung, Klima oder Menschenrechte gegliedert. Kleinere Arbeitsgruppen befassen sich dann mit Details, wenn diese Ausschüsse getagt haben. Nur wohlhabende Staaten leisten sich Vertreter für alle Treffen, kleinere Länder schließen sich in Interessengruppen zusammen und unterzeichnen dann häufig gemeinsame Erklärungen.