Rund zehn Wochen nach der Parlamentswahl ist in der Türkei die Frist zur Regierungsbildung am Sonntag abgelaufen. Der offizielle Aufruf zu Neuwahlen wird am Montag erwartet. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte schon am Freitag angekündigt, dass voraussichtlich am 1. November ein neues Parlament gewählt wird.

Die 45-Tage-Frist zur Regierungsbildung begann am 9. Juli mit der Bildung des Sitzungsrats im Parlament. Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP hatte bei der Parlamentswahl am 7. Juni ihre absolute Mehrheit verloren. Ministerpräsident und AKP-Chef Ahmet Davutoglu gab das Mandat zur Regierungsbildung am Mittwoch zurück. Zuvor waren Koalitionsverhandlungen mit der Mitte-Links Partei CHP und der rechtsnationalen MHP gescheitert.

Politische Lähmung, Gewalt eskaliert

Bis zu Neuwahlen muss eine Übergangsregierung gebildet werden. Entsprechend ihrer Stärke im Parlament müssen darin alle Parteien vertreten sein. Die CHP und MHP lehnten eine Teilnahme an der Interimsregierung ab. Der Chef der pro-kurdischen Partei HDP, Selahattin Demirtas, sagte am Samstag, seine Partei sei dazu bereit, die ihnen zustehenden Ministerposten zu besetzen.

Türkische Medien gehen von politischem Stillstand in der Phase der Übergangsregierung aus. Dabei ist die Gewalt gerade am Eskalieren: Die türkische Regierung hat im vergangene Monat den Waffenstillstand mit der in der Türkei verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) aufgekündigt und seitdem mehr als 400 Luftangriffe auf Lager der PKK im Norden Iraks und im Südosten der Türkei geflogen. Seitdem gab es auch immer wieder Anschläge auf Soldaten und Polizisten in der Türkei, die vermutlich von der PKK verübt wurden.