In Polen fühlen sich 78 Prozent der Bürger vom Nachbarland Russland bedroht, wie aus einer am Mittwoch von der Bertelsmann Stiftung veröffentlichten Umfrage von TNS Emnid und TNS Polska hervorgeht. In Deutschland sehen sich 41 Prozent der Befragten unmittelbar von Russland bedroht. Die Beziehungen des eigenen Landes zu Russland bezeichnen mehr als zwei Drittel der Befragten in Polen und Deutschland als schlecht.

Deutliche Mehrheiten der Bevölkerung in Deutschland (67 Prozent) und Polen (76 Prozent) befürworten die Sanktionen gegenüber Russland. Während allerdings nur ein knappes Viertel (23 Prozent) der Deutschen die derzeitigen Sanktionen verschärfen möchte, sprechen sich 41 Prozent der Polen für schärfere Maßnahmen der EU aus. Auslöser ist demnach vor allem der Ukraine-Konflikt.

Verursacher

Für diesen Konflikt sehen die Deutschen jedoch zu fast gleichen Teilen Russland (39 Prozent) oder beide Seiten (43 Prozent) verantwortlich. In Polen sieht dagegen eine Mehrheit (61 Prozent) Russland als alleinigen Verursacher an.

Während eine Mehrheit der Deutschen (53 Prozent) den Umgang ihrer Regierung mit der russisch-ukrainischen Krise überwiegend positiv beurteilt, ist die Hälfte der Polen (51 Prozent) mit den Maßnahmen der eigenen Regierung nicht einverstanden.

Konfrontation

Zu wirtschaftlicher Unterstützung für die Ukraine sind mehrheitlich sowohl Polen als auch Deutsche bereit. Die große Mehrheit der Deutschen (82 Prozent) und auch die meisten Befragten in Polen (56 Prozent) sind aber derzeit gegen militärische Unterstützung. Dies sei ein "klares Signal, dass beide Gesellschaften die Konfrontation mit Russland nicht verschärfen wollen", erklärte die Projektleiterin der Umfrage bei der Bertelsmann Stiftung, Gabriele Schöler.

Sie forderte die Regierungen in Berlin und Warschau auf, das Maß an Gemeinsamkeiten in der Bevölkerung als "wichtige Ressource für eine gemeinsame Ostpolitik" zu betrachten. "Polen und Deutschland können tragende Säulen einer neuen europäischen Ostpolitik werden", zeigte sich Schöler überzeugt. Für die repräsentative Umfrage wurden vom 13. bis 21. Februar in Deutschland vom Institut TNS Emnid und in Polen von TNS Polska jeweils 1.000 Bürger über 18 Jahren befragt.