Der Grüne Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen hält nichts von der von der Regierung beschlossenen Obergrenze von 37.500 Asylanträgen für heuer. Im Ö1-"Journal zu Gast" meinte Van der Bellen am Samstag, es werde schwierig sein, diese Obergrenze in ein juristisches Korsett zu bringen, "das dann auch hält".

Der ehemalige Bundessprecher der Grünen zeigte sich zuversichtlich, dass Österreich nach den 90.000 Asylanträgen im Vorjahr auch heuer die Herausforderung bestehen werde, "was immer auf Österreich zukommt". Angesichts der im Mittelmeer ertrunkenen Menschen denke er nicht an Obergrenzen, sondern daran zu helfen. Allerdings zeigt Van der Bellen auch Verständnis dafür, dass man bei dem Massenandrang von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten Sorge habe, dass die Kapazitäten auch in Österreich irgendwann erschöpft sein könnten. Grundsätzlich muss das Problem aber auch nach Ansicht Van der Bellens auf europäischer Ebene gelöst werden, weil auf Dauer könnten nicht Österreich, Deutschland und Schweden allein die Hauptverantwortung tragen.

Mit "Stand heute" würde Van der Bellen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nicht als Bundeskanzler angeloben. Er hätte "größte Bedenken", einer Partei die Kanzlerschaft zu übertragen, die das vereinte Europa untergraben wolle.

Sich selbst sieht er als einen Liberalen mit sozialem und ökologischen Gewissen. Als Bundespräsident wolle er besonnene, vernünftige Positionen einnehmen. Man solle die Rolle des Bundespräsidenten nicht gering-, aber aber auch nicht überschätzen. Seine Rolle werde angesichts des Niedergangs von SPÖ und ÖVP in der Machtbalance immer wichtiger.

Von seiner Siegeschance zeigte sich Van der Bellen jedenfalls überzeugt. "Ich habe eine Chance, die werde ich nutzen." In den Großparteien würden viele nicht an eine ernsthafte Chance für ihn glauben, "das soll mir nur recht sein".

Kritik von ÖVP, FPÖ

ÖVP, FPÖ und Team Stronach reagierten mit Kritik auf Van der Bellens Aussagen. Wie bisher weiterzumachen und unbegrenzte Flüchtlingsströme dann irgendwie zu bewältigen, sei "keine Strategie und vermittelt Unsicherheit", erklärte ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald in einer Aussendung. Österreich habe einen Bundespräsidenten verdient, der "keine Antworten schuldig bleibt, sondern im Sinne des Landes und der Menschen agiert und die Sorgen der Bevölkerung ernst nimmt".

"Jemand, der die Interessen der EU und die Interessen der Wirtschafts-Migranten über die Interessen der eigenen Bevölkerung stellt, ist als oberstes Organ der Republik absolut ungeeignet", sagt FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Die Aussagen Van der Bellens zur Flüchtlingskrise seien "schlicht naiv und unverantwortlich". Und dass er FPÖ-Obmann Heinz-Christian Stache nicht als Bundeskanzler angeloben würde, nennt der Generalsekretär "selbstherrlich, arrogant und eine Gefahr für die Demokratie im Land".

TS-Klubobmann Robert Lugar äußerte die Hoffnung, dass die Österreicher "vernünftig genug sind, niemanden in die Hofburg zu wählen, der offenkundig gegen die Interessen der Österreicher handeln will".