Der ORF lässt vor der heißen Phase des Bundespräsidentschaftswahlkampfs und den TV-Diskussionen zur Wahl die Relevanz der einzelnen Kandidaten abtesten. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat bei zwei Marktforschungsinstituten entsprechende Relevanz-Studien in Auftrag gegeben, ist aus dem Sender zu hören.

Hintergrund: Bisher waren die Regeln für die Teilnahme an den ORF-Wahldiskussionen relativ klar. Geladen wurden die Kandidaten der im Parlament vertretenen Parteien, über andere wahlwerbende Gruppierungen wurde in den Nachrichtensendungen des ORF berichtet. Bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen ist die Ausgangslage etwas verworrener. Neben den Kandidaten der im Parlament vertretenen Parteien gibt es mit Irmgard Griss eine parteilose Bewerberin, der laut jüngsten Umfragen einiges Potenzial zugetraut wird.

Gute Chancen, keine Partei: Irmgard Griss
Gute Chancen, keine Partei: Irmgard Griss © APA/Roland Schlager

Und neben Rudolf Hundstorfer (SPÖ), Andreas Khol (ÖVP), Norbert Hofer (FPÖ), Alexander Van der Bellen (Grüne) und Griss haben nach Meinung von Politikexperten auch noch Society-Löwe Richard Lugner, die linke Elfriede Awadalla sowie der Chef der EU-Austrittspartei Rudolf Marschall gute Chancen, die Hürde von 6000 Unterstützungserklärungen zu schaffen und auf dem Wahlzettel aufzuscheinen. Für die vom ORF geplanten Kurz-Konfrontationen zu vorgegebenen Themen und die abschließende "Elefantenrunde" wären das aber zu viele.

Für Elfriede Awadalla ist das ORF-Vorgehen
Für Elfriede Awadalla ist das ORF-Vorgehen "skandalös" © APA/Techt

Der ORF erhebt deshalb die aktuelle Relevanz der Bewerberinnen und Bewerber. Nur jene Kandidaten, denen eine solche zugebilligt wird, sollen in den Kurzduellen und der "Elefantenrunde" auftreten. Nach aktuellen Umfragedaten könnten das Hundstorfer, Khol, Hofer, Van der Bellen und Griss sein. Für alle anderen auf dem Wahlzettel zur Präsidentenwahl gelisteten würde es in diesem Fall Sendezeit bzw. Berichte in den verschiedenen "Zeit im Bild"-Formaten geben. Mit den Relevanz-Studien will der ORF seine Entscheidung absichern, damit diese gegebenenfalls auch Einsprüchen bei der Medienbehörde standhalten würde. Das Vorgehen könnte auch richtungsweisend für künftige Nationalratswahlen sein, sollte es zu einer weiteren Aufsplittung der österreichischen Parteienlandschaft kommen. Bei den beauftragten Instituten handle es sich um Marktforschungsunternehmen, die nicht für Parteien oder andere Medien tätig sind, heißt es am Küniglberg.

Entscheidung fällt am 18. März

Der ORF bringt im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl am 24. April neben den Kurzduellen (ab 14. April) und der "Elefantenrunde" am 21. April auch wieder die "Wahlfahrt" mit Hanno Settele (ab 24. März). Darüber hinaus kommen die Bewerber um das höchste Amt im Staate in den sonntägigen "Pressestunden" zu Wort. Bei der Reihenfolge der Auftritte soll die parlamentarische Stärke der politischen Kräfte hinter den einzelnen Kandidaten berücksichtigt werden. Als Letzter käme demnach der SPÖ-Kandidat Hundstorfer an die Reihe. Endgültige und offizielle Entscheidungen fallen freilich erst nach dem 18. März, wenn die Frist für das Sammeln Unterstützungserklärungen endet, und klar ist, wer am 24. April zur Wahl steht.

"Demokratiepolitischer Skandal"

Am Vormittag folgte die erste Reaktion von Kandidatenseite: Elfriede Awadalla hält die Ankündigung des ORF für einen "demokratiepolitischen Skandal ersten Ranges und einen Versuch, die Meinung der ÖsterreicherInnen zu manipulieren." In ihrer Aussendung heißt es weiter: "Die KandidatInnen der politischen Parteien und die Kandidatin der Wirtschaft verfügen über ein millionenschweres Budget. Ich dagegen bin auf eine faire Berichterstattung der Medien angewiesen, damit ich meine Stimme erheben kann", führte die unabhängige Awadalla aus. "Die ORF-Entscheidung ist diskriminierend und kommt einer Vorab-Zensur gleich, denn sie gibt vor, das Wahlergebnis schon vorweg nehmen zu können und bevorzugt somit aktiv bestimmte KandidatInnen."