Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat sich "tief bestürzt" vom Tod des Schriftstellers Günter Grass gezeigt. Grass sei ein großer Bürger und Sohn der Stadt Lübeck, wie ein Außenamtssprecher am Montag in Berlin sagte. Es sei tragisch, dass Grass jetzt gestorben sei, einen Tag, bevor die Welt auch wegen eines G7-Außenministertreffens in Lübeck auf die Stadt blicken werde.

Frank-Walter Steinmeier ist
Frank-Walter Steinmeier ist "tief bestürzt" © AP

Der Literaturnobelpreisträger Grass ist im Alter von 87 Jahren einer Infektion erlegen, wie das Günter-Grass-Haus am Montag in Lübeck mitteilte. Zum Tode des Autors veröffentlichte das Museum auf seiner Homepage das Grass-Gedicht "Wegzehrung": "Mit einem Sack Nüsse will ich begraben sein und mit neuesten Zähnen. Wenn es dann kracht, wo ich liege, kann vermutet werden: Er ist das, immer noch er."

Der Leiter des Hauses, Jörg-Philipp Thomsa, zeigte sich tief betroffen. "Wir sind dankbar für die vielen Erlebnisse, die wir mit ihm teilen durften", sagte er. Auch Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) hat erschüttert auf den Tod von Grass reagiert. "Das ist ein schwerer Verlust für Lübeck, aber auch für die deutsche und die internationale Literatur", sagte Saxe am Montag der Deutschen Presse-Agentur. "Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner Ehefrau und seiner Familie."

"Mit Günter Grass verliert die Literaturwelt einen der bedeutendsten Schriftsteller des deutschen Sprachraums. Seine Romane zählen unbestritten zur Weltliteratur", sagte Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer in einer ersten Reaktion auf die Nachricht vom Tod des Literaturnobelpreisträgers. Günter Grass habe sich in seinen Werken oftmals mit der deutschen Vergangenheit auseinandergesetzt, besonders mit dem Regime des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit. "Für ihn war die Thematik des Vergessens und der Schuld ein zentrales Anliegen in seinen schriftstellerischen Werken. Damit hat er auch immer wieder wichtige Anstöße zur Diskussion gegeben und Beiträge zur Aufarbeitung unserer Geschichte geleistet", so Bundesminister Ostermayer, der seine aufrichtige Anteilnahme gegenüber den Angehörigen und Freunden des Verstorbenen zum Ausdruck brachte.

SPÖ-Kulturminister Josef Ostermayer
SPÖ-Kulturminister Josef Ostermayer © APA

"Mit dem Tod von Günter Grass verliert die deutschsprachige Literatur einen ihrer wichtigsten Vertreter. Grass hat den deutschen Roman nach 1945 wieder erweckt, seine Bücher gehören heute zur Weltliteratur. Als streitbarer Moralist hat er immer wieder zentrale Themen der deutschen und auch österreichischen Geschichte wie Erinnerung, Schuld und Aussöhnung thematisiert und die öffentliche Diskussion gesucht", so SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder zum Ableben des Literaturnobelpreisträgers. "Grass Werke sind prägend für die deutschsprachige Nachkriegsliteratur. Mit seinem gesellschaftskritischem Engagement, seinem Eintreten für die deutsch-polnische Verständigung und den Verzicht auf die Ostgebiete, seiner Unterstützung für die Politik Willy Brandts bezog er eindeutig Position und wirkte über die Literatur hinaus", so der SPÖ-Klubobmann.

Klaus Staeck, Präsident der Berliner Akademie der Künste, zollte dem Literaturnobelpreisträger seinen Respekt. "Mit Günter Grass verliert die Welt der Literatur einen wortmächtigen Autor und unsere Republik einen ihrer streitbarsten Mitbürger", erklärte Staeck. "Wenn er die Demokratie in Gefahr sah, ging er keiner notwendigen Auseinandersetzung aus dem Wege", so der Akademiepräsident. "Ich persönlich verliere in ihm einen Freund mit Haltung, auf den man sich sowohl politisch, als auch ganz praktisch stets verlassen konnte." Er werde Grass vermissen.