Weil er als Rekrut in der Kaserne Tamsweg die Befehle seiner Vorgesetzten nicht befolgt hat, ist am Mittwoch ein 22-jähriger Mann in Salzburg vor Gericht gestanden. Der Kellner hatte sich nach dem Einrücken mehrfach geweigert, sein Sturmgewehr auszufassen. "Aus gesundheitlichen Gründen", wie er sagte. Laut Paragraf 12 Militärstrafgesetz drohen ihm wegen Ungehorsams nun bis zu zwei Jahre Haft.

"Wenn ich eine Waffe angreifen muss, bekomme ich Kopfschmerzen, Angstzustände, Schweißausbrüche, Atemnot, Krämpfe und Panikattacken. Ich zittere und höre und sehe schlecht", erklärte der bisher unbescholtene Angeklagte Richterin Daniela Meniuk-Prossinger. Beim Versuch, eine Spielzeugwaffe zu verwenden, habe er sogar einmal erbrochen.

Trauma nach Waffenspielen

Was der Auslöser für sein Trauma war, wollte er zunächst nicht sagen. "Ich will mich nicht selbst belasten", drückte er sich herum, räumte aber schließlich ein, dass es Ende Februar 2015 in der Salzach-Au einen Vorfall beim Spielen mit Softairwaffen gegeben hatte. "Das war ein jahrelanges Hobby von mir. Wir haben Gefechte nachgestellt." Er habe an besagtem Tag "Substanzen" zu sich genommen und unter Wahnvorstellungen gelitten. Was er damals geschluckt oder geraucht hatte, wollte er am Mittwoch aber partout nicht sagen.

"Ich habe geglaubt, dass die Plastikkugeln echt sind und dass ich meine Freunde verletzt und getötet habe", erzählte er. Dann habe sein Erinnerungsvermögen ausgesetzt. Er sei dann bei sich zu Hause aufgewacht. Als er eine Woche später seine Spielzeugwaffe reinigen wollte, habe er gemerkt, dass er sie nicht mehr angreifen könne.

Zivildienst abgelehnt

Im Wissen um den baldigen Einrückungstermin gab er nach dem Vorfall eine Zivildiensterklärung ab. Diese wurde aber abgelehnt, weil der Einberufungsbefehl zu diesem Zeitpunkt bereits zugestellt worden war. Auch ein persönliches Vorsprechen in der Kaserne in Wals-Siezenheim brachte nichts. Also rückte der Kellner Anfang Mai wie geplant beim Jägerbataillon in der Kaserne Tamsweg zum Grundwehrdienst ein.

Als er zwei Tage darauf sein Sturmgewehr ausfassen sollte, sagte er, dass das nicht ginge. Das brachte ihm nicht nur eine Abmahnung ein: Von seinem Sold wurden ihm 30 Euro Bußgeld abgezogen, außerdem wurde er zum Heerespsychologen geschickt. Der schrieb ihn zwar "voll dienstfähig", doch auch der zweite Versuch die Waffe zu übernehmen, scheiterte am 18. Mai.

Schließlich wurde der 22-Jährige dienstunfähig geschrieben und angezeigt, im Juni durfte er abrüsten. Er gab am Mittwoch unumwunden zu, trotz wiederholter Aufforderung und Abmahnung die Übernahme der Waffe verweigert zu haben, bekannte sich aber nicht schuldig. "Ich war ein vorbildlicher Soldat. Ich habe alle Befehle ausgeführt, nur Waffen anzugreifen ist mir nicht möglich." Tatsächlich berichteten Heeresbeamte, wie er beim zweiten Versuch die Waffe zu nehmen, stark gezittert habe. Allerdings beobachtete keiner der Zeugen, dass der Rekrut beim Einrücken aufgezeigt haben will, als gefragt wurde ob jemand Probleme mit dem Dienst an der Waffe habe.

Auf unbestimmte Zeit vertagt

In Behandlung wegen seinem Trauma war der Angeklagte übrigens bisher nicht: "Weil ich in meinem Alltag keinen Kontakt zu Waffen habe." Eine Diversion lehnte der Staatsanwalt am Mittwoch ab. "Aus generalpräventiven Gründen", wie er sagte. Die Richterin vertagte den Prozess schließlich auf unbestimmte Zeit. Sie will ein neuropsychiatrisches Gutachten zur Zurechnungsfähigkeit des 22-Jährigen zum Tatzeitpunkt einholen. Der muss übrigens 2016 erneut zur Stellung: "Da werde ich mich sofort für den Zivildienst entscheiden", sagte er am Mittwoch.