Ohne Urteil ist am Donnerstag im Landesgericht der Prozess gegen einen 34-jähriger Mann zu Ende gegangen, der in der Nacht auf den 28. April 2015 in Wien-Währing den neuen Partner seiner Ex-Freundin im Schlaf attackiert und mit einem Messerstich in den Hals schwer verletzt hatte. Der Wahrspruch der Geschworenen wurde von den drei Berufsrichtern wegen Irrtums der Geschworenen ausgesetzt.

Die acht Laienrichter hatten die auf versuchten Mord lautende Anklage mehrheitlich verworfen und auf schwere Körperverletzung erkannt. Der vorsitzende Richter Ulrich Nachtlberger und seine Beisitzer akzeptierten dies nicht. Die Verhandlung muss damit nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof (OGH) von einem völlig neu zusammengesetzten Schwurgericht wiederholt werden.

Der Angeklagte hatte sich nach Mitternacht über ein gekipptes, gangseitig gelegenes Fenster Zutritt in die Gemeindebau-Wohnung seiner früheren, 29 Jahre alten Freundin verschafft. Er schlich sich ins Schlafzimmer und ging auf ihren schlafenden neuen Freund los. Der 53-Jährige überlebte. Der Angreifer hatte in der Verhandlung die Tötungsabsicht bestritten und von einer "Reflexhandlung" gesprochen.

"Reflexhandlung"

Er habe sich vielmehr zu einer "Reflexhandlung" hinreißen lassen und eine Verletzung beabsichtigt, machte der Angeklagte geltend: "Außerdem war der Stich nicht so heftig." Dem widersprachen allerdings die Feststellungen der Gerichtsmedizinerin Elisabeth Friedrich. Die Klinge war dem Nebenbuhler in einer Tiefe von zehn Zentimeter in die linke Halsseite eingedrungen.

"Was machst du in meinem Bett?", rief der Angreifer laut Anklage, ehe er den Schlafenden attackierte. Über das gekippte, gangseitig ausgerichtete Küchenfenster, das sich von außen recht einfach öffnen ließ, war er in die ebenerdig gelegene Gemeindebau-Wohnung in Währing eingedrungen. Mit der 29 Jahre alten Frau, der die Wohnung gehört, hatte der 34-Jährige eine Zeit lang eine "sporadische Bekanntschaft mit gelegentlichen Übernachtungen" unterhalten, die infolge seiner "rasenden Eifersucht" zu Ende ging, wie Staatsanwältin Juliane Oberhofer berichtete. Dessen ungeachtet habe der Arbeiter "in der Wahnvorstellung gelebt, weiter mit der Frau liiert zu sein" und diese immer wieder bedroht, sagte die Anklägerin.

Morddrohung

Rund zweieinhalb Stunden vor der gegenständlichen Bluttat war der 34-Jährige vor der Wohnung aufgetaucht, die er aufgrund eines Betretungsverbots und einer bezirksgerichtlichen einstweiligen Verfügung eigentlich meiden hätte müssen. Durch das Küchenfenster soll er der Frau zugerufen haben: "Ich schwöre bei Allah, dass ich dich und deinen Freund töten werde." Die 29-Jährige verständigte die Polizei. Als zwei Beamte erschienen, war der Mann von der Bildfläche verschwunden. Per SMS stieß er weitere Drohungen aus, ehe er wieder auftauchte. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Frau und ihre zehnjährige Tochter längst im Wohnzimmer schlafen gelegt, während ihr neuer Freund im Schlafzimmer nächtigte.

Flucht zur Polizei

Er sei mitten in der Nacht aufgewacht, weil er "es warm gespürt" habe, beschrieb der 53-Jährige im Zeugenstand die gegen ihn gerichtete Messerattacke: "Dann habe ich gesehen, dass ich voller Blut bin." Obwohl der Angreifer, den er im Finstern nicht wahrnehmen konnte, noch mit einer Glasflasche auf ihn einschlug, gelang dem Schwerverletzten die Flucht aus der Wohnung.

Er lief in Panik zu einer nahe gelegenen Polizeiinspektion, von wo er ins AKH gebracht wurde. Neben der zehn Zentimeter tiefen Stichwunde im Hals, die Muskeln und Nerven durchtrennte, erlitt der 53-Jährige einen Jochbeinbruch, eine Bruch der linken Augenhöhlenwand und eine Rippenfraktur.

Der Angeklagte behauptete in seiner Einvernahme, der 53-Jährige sei auf ihn "losgegangen", als er sich zu diesem ins Schlafzimmer schlich. Da habe er diesem "einen Messerstich versetzt". "Er wollte nie töten", versicherte Verteidiger Andreas Reichenbach den Geschworenen. Sein Mandant sei "doch ein relativ kräftiger Bursche. Wenn er das machen hätte wollen, wäre es ihm ein leichtes gewesen". Außerdem habe es sich bei der Tatwaffe um ein "wackeliges Küchenmesser" gehandelt, sagte Reichenbach.

Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer bescheinigte dem Angeklagten "absolute Schuldfähigkeit". Der 34-Jährige sei "nicht krank". Auf die Frage einer Geschworenen, wie dessen Eifersucht zu bewerten sei, meinte Dantendorfer: "Eifersucht ist keine psychische Erkrankung. Genau so wie Liebeskummer keine psychische Erkrankung ist."