Das verheerende Hochwasser in Niederbayern hat mindestens fünf Menschen in den Tod gerissen. Am Donnerstag wurde in Simbach am Inn die Leiche eines 75-jährigen Mannes geborgen, teilte das Polizeipräsidium Niederbayern mit. Vier Tote waren bereits am Mittwoch entdeckt worden, drei Menschen wurden am Donnerstag noch vermisst.

Der Sachschaden geht allein im besonders betroffenen Landkreis Rottal-Inn in den dreistelligen Millionenbereich. Die vom Hochwasser betroffene Fläche hat die doppelte Größe des Chiemsees. Und es könnte noch schlimmer kommen: Im Laufe des Donnerstags rechnete der Hochwassernachrichtendienst erneut mit starken Regenfällen und einem möglichen Ansteigen der Wasserstände vor allem in Nieder- und Oberbayern.

Ein 65 Jahre alter Mann und ein Ehepaar wurden noch vermisst. Taucher hatten in den überfluteten Räumen ihrer Häuser nach ihnen gesucht, mussten aber ihren Einsatz wegen der starken Strömung zwischendurch abbrechen. Unter den Toten, die bereits am Mittwoch geborgen wurden, sind drei Frauen im Alter von 28, 56 und 78 Jahren. Es handle sich um Tochter, Mutter und Großmutter, berichtete ein Polizeisprecher. Die vierte Tote ist eine 80-Jährige, die in Julbach entdeckt wurde. Viele Menschen sind noch in Sorge, weil sie Angehörige oder Freunde nicht erreichen können.

Politiker versprachen unterdessen rasche Hilfe. "Der Freistaat Bayern wird die Geschädigten, die zum Teil ihr ganzes Zuhause verloren haben, nicht alleine lassen, sondern - wo immer nötig - schnell und unbürokratisch helfen", betonte Ministerpräsident Horst Seehofer in München. "Ähnlich wie beim Hochwasser 2013 werden wir 1.500 Euro zur Verfügung stellen", kündigte Finanzminister Markus Söder (CSU) nach einem Überflug über das Katastrophengebiet an.

Hunderte Kinder mussten bis in die Abendstunden in ihren Schulen ausharren, weil sie vom Wasser eingeschlossen waren. In Triftern übernachteten 14 Kinder mit ihren Betreuern deshalb im Schulhaus. Rettungskräfte, Betroffene und viele freiwillige Helfer versuchten am Tag nach der Katastrophe, Häuser und Straßen von Schlamm und Treibgut zu befreien. In Simbach war das Technische Hilfswerk damit beschäftigt, Personen zu retten, die in ihren Häusern von den Wassermassen eingeschlossen waren. In den Marktgemeinden Tann und Triftern pumpten Helfer Häuser und Straßen leer.

In Bad Griesbach im Landkreis Passau, das ebenfalls von den Fluten stark betroffen war, war es am frühen Morgen gelungen, eine Notstromversorgung einzurichten. Durch das Hochwasser hatte es teilweise weder Strom noch Wasser gegeben. Mehrere Schulen blieben geschlossen, Abschlussprüfungen wurden mancherorts ausgesetzt.

Erschwert wurde die Arbeit der Polizei durch unvernünftige Autofahrer, die auf gesperrten Straßen unterwegs waren. Deshalb sei es schon zu mehreren Unfällen gekommen, sagte ein Polizeisprecher. Das halte von der wichtigen Arbeit ab, nach Vermissten zu suchen und Menschenleben zu retten. Viele Straßen seien völlig unterspült, auch Brücken und Überführungen seien einsturzgefährdet. Zudem wurden zwei Plünderer festgenommen, die ein Autoradio stehlen wollten.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Angehörigen der Opfer ihre Anteilnahme ausgesprochen. Die Bundesregierung trauere um die Menschen, für die Hilfe zu spät gekommen sei und sie trauere mit den Angehörigen, sagte Merkel in Berlin. Die Katastrophenhilfe von Bund und Ländern sei in vielen Orten im Einsatz, um zu helfen und wieder aufzubauen. Auch diese Notsituation zeige, "wie wir in Deutschland zusammenhalten". Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach den Familien der Opfer bei einer gemeinsamen Pressekonferenz sein Beileid aus.

Glimpflich davongekommen ist bisher die Stadt Passau, in deren Landkreis am Vortag der Katastrophenfall ausgerufen worden war: Zwei Uferstraßen mussten gesperrt werden, der vorhergesagte Höchststand der Wassermassen wurde jedoch nicht erreicht. Für Donnerstag erwarteten Meteorologen jedoch erneut große Mengen an Niederschlag, besonders im Landkreis Passau.

Zahlreiche Campingurlauber sind unterdessen in Altenahr im nördlichen Rheinland-Pfalz mit einem Polizeihubschrauber vor dem Hochwasser gerettet worden. Einige seien auf den Dächern ihrer Wohnwagen vom Wasser eingeschlossen gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Andere hätten sich auf einen nahe gelegenen Hügel mit einer Kapelle gerettet und seien von dort ausgeflogen worden. Die Ahr war in der Nacht auf Donnerstag über die Ufer getreten und hatte die Camper auf den Zeltplätzen überrascht. Die Ahr habe mit 3,96 Metern am Vormittag einen bisher noch nie gemessenen Höchststand erreicht, sagte der Polizeisprecher. Sogar beim Jahrhunderthochwasser 1993 habe der Pegel darunter gelegen. Normalerweise liegt der Pegel der Ahr bei rund einem Meter.