Der einstige Top-Terrorist "Carlos" ist wegen eines Anschlags in Paris vor mehr als 42 Jahren zum dritten Mal zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ein französisches Schwurgericht sprach den Venezolaner am Dienstag schuldig, 1974 eine Handgranate in eine Einkaufsgalerie geworfen zu haben. Dabei wurden zwei Menschen getötet und 34 verletzt.

Der als "Carlos der Schakal" bekannte Ilich Ramirez Sanchez sitzt bereits seit mehr als 20 Jahren in Frankreich im Gefängnis. Gerichte hatten den heute 67-Jährigen wegen mehrerer anderer Anschläge und Morde schon zweimal zu lebenslanger Haft verurteilt - wegen eines 1975 in Paris begangenen Dreifachmords und wegen einer Anschlagsserie mit elf Toten und fast 150 Verletzten in den Jahren 1982 und 1983.

Die Verteidigung kündigte Berufung an und sprach von einem "Justiz-Theater" - sie sah keine ausreichenden Beweise gegen "Carlos". "Man weiß nicht einmal, was für ein Granaten-Typ im Drugstore Saint-Germain explodiert ist", kritisierte sein Anwalt Francis Vuillemin. "Die mediale Wahrheit hat die juristische Wahrheit geprägt." Die Anwälte hatten mehrfach argumentiert, dass die intensive Berichterstattung über den Angeklagten Zeugen beeinflusst habe.

"Das ist absurd"

"Carlos" selbst bezeichnete den Prozess in seinem Schlusswort als "absurd". "Ich bin kein Unschuldiger", sagte er. Aber dieses Verfahren sei in jeder Hinsicht eine Absurdität. "Da ist nichts."

Tatsächlich hatte sich die Suche nach der Wahrheit während des Prozesses schwierig gestaltet: Zeugen konnten sich 43 Jahre nach dem Anschlag nicht mehr genau an die Ereignisse erinnern, einige der damals Verletzten sind inzwischen verstorben, Experten mussten ausgetauscht werden.

Generalstaatsanwalt Remi Crosson du Cormier zeigte sich am Montag in seinem Schlussplädoyer trotzdem überzeugt von der Schuld des Angeklagten. "Ich habe keine DNA, keine Fingerabdrücke, keine Videoüberwachung" - aber alle Indizien würden dafür sprechen, dass Carlos der Täter sei. Der Staatsanwalt berief sich unter anderem auf Aussagen von Weggefährten des Terroristen. Carlos' Anwälte können nun Berufung gegen das Urteil einlegen.

"Berufsrevolutionär"

Sanchez war in den 1970er und 1980er Jahren einer der meistgesuchten Männer der Welt. Er war für die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) aktiv und etwa an der Geiselnahme von OPEC-Ministern in Wien beteiligt. 1994 wurde er im Sudan gefasst und nach Frankreich gebracht - seine Anwälte sprechen bis heute von einer Entführung.

Der Nebenkläger-Anwalt Georges Holleaux sprach von einem "Sieg der Justiz". Für die damaligen Opfer sei es wichtig, dass "Carlos" für den Anschlag verurteilt wurde.

Sanchez hatte sich dem Gericht erneut als "Berufsrevolutionär" im Namen der palästinensischen Sache präsentiert. Das nur mit Berufsrichtern besetzte Schwurgericht ordnete an, seinen Namen in die offizielle Datei der Urheber von Terrorakten aufzunehmen.