Homöopathische Arzneimittel enthalten keinen Wirkstoff, der eine Krankheit heilen könnte - ihr Erfolgsgeheimnis beruht allein auf positiven Erwartungshaltungen und dem Placebo-Effekt, zudem gelten Globuli und Co. als nebenwirkungsarm. Also hilft es nicht, schadet es nicht? Weit gefehlt.
Die amerikanische Arzneimittelsicherheitsbehörde FDA hat nun nämlich eine Warnung für bestimmte homöopathische Präparate herausgegeben, die Kleinkindern die Schmerzen beim Zahnen erträglich machen sollen.
Epileptischer Anfall
Anlass war der Fall eines Kleinkindes im Jahr 2016, das nach der Einnahmen der Globuli einen epileptischen Anfall erlitten hatte. Der Vater meldete das der FDA. Daraufhin deckten Untersuchungen insgesamt 400 Fälle von mehr oder weniger schweren Nebenwirkungen nach dem Gebrauch der Tabletten auf. Bereits zehn Kinder sollen nach der Einnahme der Präparate gestorben sein.
Eine erste Analyse spricht dafür. Die Tabletten werden auf Basis der Schwarzen Tollkirsche hergestellt, auch bekannt als Belladonna. Nach den Grundsätzen der Homöopathie dürften die Wirkstoffe der Giftpflanze in den Tabletten allerdings nicht nachweisbar sein. Tatsächlich wurde er in den Analysen der FDA jedoch teilweise nachgewiesen. Die Mittel wurden offenbar zu wenig verdünnt.
"Die Antwort des Körpers auf Tollkirsche bei Kindern unter zwei Jahren ist unvorhersehbar und setzt die Kinder einem unnötigen Risiko aus", sagte Janet Woodcock von der FDA. Eltern sollten unverzüglich einen Arzt aufsuchen, wenn ihr Kind etwa Schwierigkeiten beim Atmen habe, lethargisch oder übertrieben müde sei oder Probleme beim Urinieren bekomme.
Bei den rund 400 Fällen, die der FDA vorliegen, leiden die Kinder vor allem unter Krämpfen, Zittern, Fieber, Kurzatmigkeit und Lethargie. Der in der Tollkirsche enthaltene Wirkstoff Atropin kann diese Symptome auslösen. Höhere Dosen können sogar zu Koma und Atemstillstand führen.
Die US-Behörde riet Eltern, ihren Kindern die Produkte nicht mehr zu verabreichen und sie zu entsorgen. Ein Hersteller nahm laut FDA betroffene Mittel bereits vom Markt. Ein weiterer Hersteller schreibt auf seine Website, dass die Produkte nicht mehr in den USA vertrieben würden.
Entwarnung für Österreich Deutschland
Die US-Arzneimittelbehörde hatte die Homöopathika nach eigenen Angaben vor deren Markteinführung weder auf ihre Sicherheit noch auf ihre Wirkung geprüft. Das sei in den USA die geltende Rechtslage, betonte dazu Christoph Baumgärtel von der AGES PharmMed, die in Österreich für die Medizinmarktaufsicht zuständig ist. Es seien keine positiven Effekte der Präparate bekannt, hatte die FDA zuvor betont.
"Wir haben in Österreich, was die Indikation (Anwendungsgebiet; Anm.) betrifft, drei vergleichbare Produkte auf dem Markt. Das geht von Globuli bis zu Tabletten und Kinderzäpfchen. Die Verdünnung geht aber bis zum Hundertmillionenfachen. Eine (herkömmliche; Anm.) pharmakologische Wirkung ist damit ausgeschlossen. Wir können hier eine solide Entwarnung geben", sagte Baumgärtel gegenüber der APA.
Homöopathie-Präparate unterliegen in Österreich ganz ähnlichen Sicherheitsvorschriften wie andere Arzneimittel. Sie müssen zugelassen werden. Die Unbedenklichkeit und die Qualität in der Herstellung muss genauso wie bei anderen Medikamenten dokumentiert und überprüft werden. Ein klassischer Wirksamkeitsnachweis wird nicht verlangt. "Wir haben auch keine einzige Nebenwirkungsmeldung bekommen", betonte der Experte.
Auch für Deutschland gab die zuständige Behörde Entwarnung. "Mit Blick auf den Patientenschutz gibt es in Deutschland weitergehende Regelungen, die gewährleisten, dass die Sicherheit von homöopathischen Arzneimitteln vorab durch das BfArM geprüft wird", sagte ein Sprecher des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) am Donnerstag. Vergleichbare Fälle seien so nicht denkbar. Laut BfArM gibt es in Deutschland zwar auch homöopathische Mittel, die Tollkirsche enthalten. Allerdings seien sie entsprechend verdünnt und auf Unbedenklichkeit geprüft, bevor sie auf den Markt kämen. Bisher seien keine Fälle bekannt, bei denen Menschen zu Schaden kamen.